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BeitragVerfasst: Fr 20. Apr 2012, 21:15 
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Zitat:
. Wäre mal ein neues Konzept für ein Autistenforum. Jeder darf posten was er will, kann aber nur die eigenen Beiträge sehen.. :D


Wie man sieht, ist die Trefferquote enorm hoch! :hehe:

alena hat geschrieben:
es geht mir immer wieder darum das diese schwerkranken , bewußtlosen menschen , egal in welchem alter es gibt darunter auch kinder , die überwiegend durch einen verkehrsunfall appalisch sind , sich nicht mehr wehren können . auch den angehörigen gegenüber nicht .


Richtig! Wir sprechen ja hier nicht über "normale Altersversorgung", der ich übrigens völlig positiv gegenüber stehe! Auch mit Unterstützung!

Aber wer gibt einem das Recht, verunfallte Menschen Jahrzehnte lang unter unwürdigen Bedingungen am Leben zu erhalten bzw. nur noch deren Hülle? Das ist ein unglaublicher und verachtender Eingriff, der nichts mehr mit Menschenwürde zu tun hat.

alena hat geschrieben:
scham ist dabei auch noch ein wichtiges thema wenn der geist noch da ist um die umgebung zu erkennen


Gut, dass Du es ansprichst, alena! Das ist ein sehr wichtiges Thema und ich glaube, es fällt viel zu oft unter den Tisch!!!

Meine Brüder und auch mein Paps stehen hierarisch, wenn man es so nennen kann (zumindest war ich immer die Kleinste und "Schützenswerteste" der Familie), immer "über mir", und es ist für jeden von ihnen ein Graus (gewesen), sich so ausgeliefert zu fühlen, insbesondere mir gegenüber. Das war ganz ganz schwierig und ich habe jeweils immer Schwestern organisiert, um dieser Scham keinen Vorschub zu leisten. Komischerweise kehrte sich das bisher in jedem Fall und die Scham scheint so groß, dass ich das kleinere Übel bin und diese Dinge oftmals übernehme bzw. soll.

Diese Scham beeinträchtigt sehr und das tut mir wirklich weh, weil man - glaub ich - nicht nachvollziehen kann, was da in diesem Menschen vorgehen mag. Mein einer Bruder war z.B. recht "entspannt", der andere brach in einen fiesen Heulkrampf aus, als er mir beim missglückten "Entchen-Versuch" alles voll pieschte. Er bat mich immer wieder, wenns schlimmer wird, in seinem Sinne zu handeln..... und ich hätte es getan. Ich hätte die Konsequenzen in Kauf genommen für ein würdiges Gehen.

LG Else


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Fr 20. Apr 2012, 21:15 


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BeitragVerfasst: Sa 21. Apr 2012, 05:55 
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Else hat geschrieben:
Zitat:
. Wäre mal ein neues Konzept für ein Autistenforum. Jeder darf posten was er will, kann aber nur die eigenen Beiträge sehen.. :D


Wie man sieht, ist die Trefferquote enorm hoch! :hehe:



danke augustine , ich konnte nach langer zeit herzhaft lachen :ja:


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BeitragVerfasst: Sa 21. Apr 2012, 12:03 
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florentine hat geschrieben:
Yvette hat geschrieben:
Und er starb exakt an dem Tag, den der Arzt der Ehefrau als längstmögliche Lebensdauer für ihn vorausgesagt hatte

Woher wußte der Arzt das? Ärzte sind auch keine Götter die das so genau vorraussagen können.

Er wusste es natürlich nicht auf den Tag genau, Florentine; ich hatte mich insofern falsch ausgedrückt. Der Arzt hat zur Ehefrau gesagt: "Ihr Mann wird das Krankenhaus nicht mehr lebend verlassen, er hat höchstens noch 3 Wochen, soweit man das voraussehen kann". Und er starb am letzten Tag dieser drei Wochen.

Das ist schon ein paar Jahre her, aber danke für Deine Anteilnahme.


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BeitragVerfasst: Sa 21. Apr 2012, 12:11 
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Zur Scham. Oha, auch für mich ein gewaltiges Thema.

Ich merke heute schon, wie ich, was den Körper angeht, immer schamhafter werde, auch ein noch nicht alter, aber alternder Körper wird nicht schöner. Ich darf mir gar nicht vorstellen, irgendwann hilf- und gnadenlos den Blicken von abgehetzten und fast zwangsläufig pietätlosen Pflegekräften ausgeliefert zu sein ... und die Blicke mögen noch zum kleineren Übel gehören. Ähnlich weiß ich es von Angehörigen, auch für sie wären jegliche würdelose Situationen - von Alzheimer bis Windeln - die entsetzlichste Vorstellung überhaupt.

Andererseits weigere ich mich, mir nur noch derart düstere Gedanken zu machen; ein Stück weit ist und bleibt alles Schicksal. Für mich heißt das, um ein würdiges und gnädiges Ende auch zu beten, nicht nur für mich, sondern auch für die Liebsten. Selbst können wir im Grunde wenig beeinflussen, nur so gesund wie möglich zu leben, und die Verfügung - was bleibt uns sonst?


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BeitragVerfasst: So 22. Apr 2012, 18:52 
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Stimmt Yvette, Scham ist - für mich - da ein sehr großes Problem, was ja auch eng verknüpft ist mit Würde.

Ich selbst bin z.B. (noch?) gar nicht sehr schambesetzt, aber ich komme in arge Konflikte, wenn jemand anderes solchen Situationen ausgesetzt ist. Das muss gar nicht mal ein mir naher Mensch sein, aber dort natürlich besonders.

Mit Maschinen, ärztlichen Eingriffen, "Pflegeritualen" etc. habe ich inzwischen einen Umgang gefunden; dafür habe ich zu viele Jahre auf Intensivstationen verlebt. Womit ich nicht klar komme und auch nicht will ist, wenn ich das Gefühl habe, hier tritt jemand über die menschliche Grenzen. Das können ganz banale Dinge sein, wie mit alten oder senilen Menschen in der "Wir-Form" sprechen (gruselgrausel), einfach wortlos aus "Routine" irgendwo hin grabschen, ohne mit diesem Menschen zu sprechen, als auch diese abfällige Art, die ich häufig mitbekommen habe, wenn (zeit-)aufwändige Widersetzungen erfolgen.

Vor über zwei Jahren wurde meinem Paps z.B ein Stant gesetzt und er befand sich, als ich ihn besuchte, noch im Aufwachraum. Ein 6-Bett-Zimmer mit Überwachung und neben dem Arztzimmer. Alles ok soweit.

Das Zimmer war, aus Überwachungsgründen, offen, d.h. jeder, der den langen Flur in diesem wirklich großen Krankenhaus hinunter ging, konnte hinein schauen und zwischen den Patienten (männlich und weiblich war nur mit Stellwänden getrennt).

Ich ging hinein, mein Paps lag fensterseitig, aber im EINGANGSbereich lag eine Frau, bei der mein erster Gedanke nur war: Bitte NIEMALS für mich!!!!

Übergewichtig (nicht wirklich wichtig für mich, aber ich kann mir vorstellen für sie???), komplett nackig, sie hing halb aus dem Bett (war noch bewusstlos), die große Brust fiel überall hin bzw. runter, die Scham war nur IN TEILEN durch die Decke bedeckt, Mund geöffnet, sie sah schutzlos aus und es trieb mir echt die Schweissperlen auf die Stirn. Ich wollte erst nix sagen, bin dann aber, wie ne Walze, in das Schwesternzimmer und hab gebeten, diesen Zustand bitte SOFORT abzuändern, sonst gäbe es ein Problem meinerseits.

Gleichzeitig wurden meinen Paps Brotscheiben vorgelegt und weil er es selbst durch Bewegungsunfähigkeit nicht hinbekam, da ran zu kommen, diese wieder entfernt mit dem Spruch: dann haben sie halt nicht genug Hunger. :rolleyes:

Nein Yvette, ich beschwere mich für mich nicht mit solchen Gedanken, aber ich bin Realist, und von daher MUSS es nicht so sein, aber kann. Ich beschwere mich auch nicht zu sehr mit dem "kann", aber rechne es ein. Da heißt es eben, einen (oder mehrere Menschen) im Vorfeld zu finden, die meine Wünsche durchzustzen vermögen.

LG Else


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BeitragVerfasst: Mo 23. Apr 2012, 15:22 
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Hallo Else,

mich machen solche Geschichten immer (noch) fassungslos. Wird der Mensch für manche ein "Ding", dass mit ihm so umgegangen wird?! Sicher können die Pflegekräfte nicht gleichzeitig überall sein, aber so etwas geht einfach gar nicht, dafür darf keine Begründung herangezogen werden.

Oft wird bei solchen Dingen ja entschuldigend vorgebracht, dass sich Pflegekräfte wie auch Ärzte eine gewisse "Wurschtigkeit" zulegen müssten, um ihren Beruf überhaupt ausüben zu können bzw. daran nicht zu zerbrechen; das verstehe ich auch bis zu einem gewissen Punkt. In dem von Dir geschilderten Beispiel hats damit aber wohl kaum zu tun.

Das ist einfach beschämend, auch und gerade fürs Personal, diese Gleichgültigkeit der persönlichen Würde gegenüber, die auch mit Hetze und Überlastung nicht zu rechtfertigen ist, und man kann nur hoffen, dass ihnen dort Deine Intervention so peinlich war, dass sie anschließend aufmerksamer waren.

Ja, man kann nur:
Zitat:
... einen (oder mehrere Menschen) im Vorfeld ... finden, die meine Wünsche durchzusetzen vermögen.
und für die Angehörigen im Fall, wo es nötig wird, eben so, wie man selbst gern behandelt würde, diese Sorgfalt bestmöglich übernehmen.

LG Yve


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BeitragVerfasst: Mo 23. Apr 2012, 18:05 
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Yvette hat geschrieben:
mich machen solche Geschichten immer (noch) fassungslos


Fassungslos machen sie mich nicht mehr. Ich denke, dafür war und bin ich zuviel damit konfrontiert (gewesen). Aber sie machen mich nicht minder wütend. Inzwischen eigentlich nur noch das! Aber das macht es in Teilen zumindest auch etwas einfacher. Wo ich vorher nur fassungslos stand und alles beklommen war (das war ja nicht das einzigste Beispiel), gehe ich heute viel eher auf jemanden zu, benenne es und bitte um Abhilfe. Das war anfangs gar nicht möglich für mich, weil ich viel zu entsetzt war.

Yvette hat geschrieben:
Oft wird bei solchen Dingen ja entschuldigend vorgebracht, dass sich Pflegekräfte wie auch Ärzte eine gewisse "Wurschtigkeit" zulegen müssten, um ihren Beruf überhaupt ausüben zu können bzw. daran nicht zu zerbrechen; das verstehe ich auch bis zu einem gewissen Punkt. In dem von Dir geschilderten Beispiel hats damit aber wohl kaum zu tun.


Eben! Das ist aber leider kein Einzelfall.

Dass diese Berufe EXTREM stressig sind und immer mehr werden, ist mir bewusst. Da leiden ja nicht nur die Betroffenen selbst, die Angehörigen und letztlich auch die Mitarbeiter selbst drunter, aber ein Mindestmaß an Respekt sollte nicht unterschritten werden!!!! Und ich weiß, dass es geht; kenne selbst entsprechende Kräfte und habe auch immer wieder - auf dem Weg - solche kennen lernen dürfen.

Vllt. bin ich da auch sehr empfindlich und sensibilisiert, was Respekt und Würde angeht, aber ich denke, wer in so einem wirklich emotional hoch brisanten beruflichen Umfeld unterwegs ist, sollte genau dies mitbringen! Emotionalität und viel Feingefühl!!! Vllt. etwas weniger, wie ich (darum habe ich ja bewusst beruflich einen völlig anderen Weg eingeschlagen), aber dennoch genug, um diesen Beruf nicht als Tätigkeit am "Ding" zu verstehen.

Die erste Ärztin z.B., als es um die Organspende meines Bruders ging, war zwar einerseits sehr sachlich, andererseits aber auch nicht völlig losgelöst von unserer Situation. So schwer es für uns war, aber sie hat immer einen guten Mittelweg zwischen medizinischen Kompetenzen und Möglichkeiten, aber auch Empfindungen gefunden. Sie war deutlich, aber auch empathisch. Sie war gnadenlos ehrlich aber auch empfindsam darin. Sie war fachlich, aber auch absolut mitfühlend, sorgsam und verständig.

Es geht also! Das ist sicher schwer. Keine Frage. Eine "gewisse Sicherheit" wird man nur haben können (so bitter es tönt), wenn man Menschen, die einem wirklich Nahe stehen, diese Verantwortung übergibt. Aber auch da ist die Frage, inwieweit sie umgesetzt werden (siehe mich mit meinem "unterschlagenen" Organspendeausweis). Ich fühle mich nicht schuldig deswegen, aber eine gewisse Last birgt es dennoch so manches Mal und ich frage mich, wie ich zukünftig handeln würde.

LG Else


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BeitragVerfasst: Mo 23. Apr 2012, 19:40 
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Else, ich habe noch mal nachgelesen, wie das mit Deinem Bruder war ... das ist so ziemlich DIE Horrorvorstellung schlechthin, mit allem was dazu gehört. (Wo ist Dir denn bei dem fürchterlichen Druck diese nette Ärztin dazwischen begegnet?): Zur Entscheidung für die Organ"spende" förmlich erpresst zu werden.

Ich hab nicht geahnt, dass es das so, in der Form, gibt; es übertrifft noch meine Befürchtungen, weiß allerdings, dass bei der sehr jungen Tochter einer Bekannten, die mit dem Rad verunglückt war, die Eltern auch versucht haben, sehr schnell im vermutlich von ihr gewünschten Sinn zu entscheiden - also sich dem Druck sofort gebeugt und ihre Organe freigegeben haben. Und dass nachher bei ihnen massiv das Gefühl aufkam, viel zu schnell das Okay gegeben zu haben; die Bekannte wurde in der Folge das Gefühl nicht mehr los, ihre Tochter geopfert zu haben.

LG, Yve


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BeitragVerfasst: Mo 23. Apr 2012, 20:25 
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Yvette hat geschrieben:
Else, ich habe noch mal nachgelesen, wie das mit Deinem Bruder war ... das ist so ziemlich DIE Horrorvorstellung schlechthin, mit allem was dazu gehört. (Wo ist Dir denn bei dem fürchterlichen Druck diese nette Ärztin dazwischen begegnet?)


Ja, das war Horror und das wünsche ich wirklich niemandem!!! Man ist, wie gelähmt und soll dennoch so weitreichende Entscheidungen treffen.

Als wir ankamen, war mein Bruder grad erst eine Stunde voher mit dem Hubschrauber angekommen und notdürftig versorgt und die Ärztin teilte uns mit, dass die Umstände vermuten ließen, dass er die Nacht nicht übersteht. Zu schwer und massiv waren seine Kopfverletzungen.

Ich wollte ihn sehen...zu ihm. Sie lehnte ab! Ich wurde garstig in meiner Verzweiflung und sie durfte einen Nichtzugang nicht Durchsetzen aber sprach immer und immer wieder auf mich ein. Ich war stur, wie ein Muli! :rolleyes: Mein Paps bließ in ihr Rohr... ich blieb hartnäckig und er kam letztlich, nur als Begleitung mit (heute tut es mir leid, er wollte es nicht und hat das in Kauf genommen, um mich zu stützen) ich musste unbedingt sehen, fühlen, anfassen, begreifen.

Ich gebe zu: Ich hab in meinem ganzen Leben noch NIE so etwas gruseliges gesehen und taperte rücklings aus dem Zimmer.....

Die Ärztin fing uns auf, war verständig, mitfühlend, aber sprach auch deutliche Worte. Das gefiel mir sehr. Es gab - zu diesem Zeitpunkt - keinen Aufhänger, um an Anderes zu glauben.

Sie hat nie übermäßigen Druck gemacht, das kam erst später durch andere Leute, je länger sein Zustand anhielt. Wir wurden sogar verantwortlich gemacht für zerstörte Familien, deren Kinder starben. Es war schlimm für alle, aber mich insbesondere, da ich den Organspendeausweis heimlich bei mir hielt und nicht wusste, was oder wie ich es tat. Wäre es anders ausgegangen, hätte ich eine schwere Schuld auf mich geladen....

Yve, die Geschichte Deiner Bekannten trifft es im Entfernten. Man kann nur daran festhalten, das Richtige getan zu haben im Sinne des gegangenen Menschen. Mehr geht nicht....

LG Else


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BeitragVerfasst: Mo 23. Apr 2012, 23:50 
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Yvette hat geschrieben:
. Wird der Mensch für manche ein "Ding", dass mit ihm so umgegangen wird?! Sicher können die Pflegekräfte nicht gleichzeitig überall sein, aber so etwas geht einfach gar nicht, dafür darf keine Begründung herangezogen werden.

Oft wird bei solchen Dingen ja entschuldigend vorgebracht, dass sich Pflegekräfte wie auch Ärzte eine gewisse "Wurschtigkeit" zulegen müssten, um ihren Beruf überhaupt ausüben zu können bzw. daran nicht zu zerbrechen;

Das ist einfach beschämend, auch und gerade fürs Personal, diese Gleichgültigkeit der persönlichen Würde gegenüber, die auch mit Hetze und Überlastung nicht zu rechtfertigen ist,



nein , der kranke mensch ist für eine gute krankenschwester kein ding und wer sich für die krankenpflege entscheidet braucht sich keine wurschtigkeit zulegen , - weder als arzt noch als pflegender .
es gibt gutes krankenpflegepersonal genauso bei den ärzten , umgekehrt gibt es dabei auch weniger einfühlsame gutes personal - warum sie in diesem beruf sind werde ich nie verstehen .

seit ungefähr 20 jahre hat sich die personal situation drastisch verändert , viele krankenhäuser sind im laufe der letzten jahre geschlossen worden weil es kein personal dafür gibt , immer weniger personal muss die gesamte arbeit von einem vorherigem team von 8 schwestern mit 4 schaffen , dazu kommt krankheit und urlaub und andere ausfallstage zb wer kinder hat . eine schicht hatte 8 krankenschwestern im früh und spätdienst , der nachtdienst ist oft für eine person mit drei oder zwei abteilungen .

den ärzten geht es oft nicht besser , sie machen so viel dienste die mich fragen lassen warum sie nicht im stehen einschlafen , von den chirurgen sind auch noch op`'s zu erwarten .

diese personalsituation , die einem noch nicht mal dazu bringt einen patienten das butterbrot griffbereit zu stellen oder eine patientin so abzudecken wie man es für sich selbst wünscht , ist die politik der gesundheitsreform die vor vielen jahren ihren lauf nahm . dabei kann ich mir als schwester noch so viel mühe geben - ES GEHT NICHT - nicht jede schwester kann von zu hause aus 350 überstunden machen , im jahr , das ist den meisten nicht möglich , die, die es tun haben sehr viel verantwortungsgefühl und es bringt ihnen ein burnout womit sie dann ausfallen .

die weiter entwicklung der pflege/personalmangel was den kranken menschen angeht macht mir probleme , darum ist es für mich wichtig das durch die angehörigen mein wunsch durch meine patientenverfügung nach gekommen wird , ich möchte nicht in diese mühle wo keiner zeit hat mir meinen damenbart von den lippen zu rasieren weil es wichtiger ist das mein bett trocken ist - wo ich nicht mehr der normalität angehöre weil ich mir nicht selbst helfen kann .

das hört sich schlimm an aber es ist so , du bist als pflegebedürftiger einer von sehr vielen und das personal kann sich nicht wehren , -

lg dir und else , alena


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BeitragVerfasst: Di 24. Apr 2012, 10:24 
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Alena,

auch das erschüttert mich nun. Ich bedaure schon immer diese Entwicklungen der Krankenhäuser und Heime zu Gewinnunternehmen mit allen unschönen Begleitwirkungen, gleichzeitig den Rückgang der kirchlichen Einrichtungen für Kranke und alte Menschen.

Man kann gegen die Kirche sicherlich viel einwenden, aber einiges war auch gut und ist so heute nicht ersetzbar. Das Krankenhaus, in dem ich mich am wohlsten gefühlt habe, wurde vor 30 Jahren von Nonnen geleitet; obwohl ich nicht katholisch bin, fand ich es dort wunderbar fürsorglich, die Pflegeschwestern waren herzlich und lieb zu den Patienten und hatten auch dieses kostbare Gut Zeit - aber klar, es war insofern förmlich eine andere Epoche, die ist nicht zurückzuholen *seufz*. Das betreffende Haus hat natürlich längst seine Pforten geschlossen ...

Ich verstehe, wie schwer es für die pflegenden Kräfte sein muss und weise diesen auch keine Generalschuld zu; nur packt mich die Empörung halt über derart drastische Einzelfälle. Perfekt sind wir alle nicht. Und meine Hochachtung einmal mehr für diesen schweren und so wichtigen und verantwortungsvollen Beruf!
:flowers:

Else,

ja, Du hast damals alles auf eine Karte gesetzt, und das war nicht nur für Deinen Bruder womöglich die Rettung, sondern auch eine sehr, sehr mutig von Dir wahrgenommene Verantwortung. Gleich noch mal:
:flowers:

LG, Yve


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BeitragVerfasst: Di 24. Apr 2012, 20:43 
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Yvette hat geschrieben:
ja, Du hast damals alles auf eine Karte gesetzt, und das war nicht nur für Deinen Bruder womöglich die Rettung, sondern auch eine sehr, sehr mutig von Dir wahrgenommene Verantwortung.


Klar, es war seine Rettung, aber mir ist bewusst, dass es auch eine negative, weitreichende Entscheidung für ein "unwürdiges" Leben hätte bedeuten können. Verantwortung hört sich gut an, aber ob es wirklich so war, wage ich zu bezweifeln. Ich weiß es einfach nicht mehr, da tobte soooo viel in mir. Vllt. war es Intuition, das würde ich gern glauben, aber vllt. auch nur purer Egoismus. Diesen Gedanken lasse ich durchaus aus zu....

Ich hab grad seit ein paar Tagen eine Vorsorgevollmacht für meinen Vater und die nächsten Tage wird mir meine Mutter eine unterzeichnen. Es macht, bezüglich meines Vaters, jetzt formal einiges leichter, aber die Verantwortung derer sitzt mir dieser Tage noch ziemlich wie der bekannte Kloß im Hals. Es ist sicher schön, Dinge für sich geregelt zu haben, wenn man Vollmachten erteilt, aber es ist auch ein schweres Gewicht auf Seiten des Verantwortlichen, was man nicht unterschätzen sollte.

Alena,

ich hab in meinem Bekannten- und Freundeskreis viele Leutchen, die in der Pflege beschäftigt sind und ich weiß um diese unhaltbaren Zustände. Ich wollte und will diesen Beruf niemals ausüben, weil ich damit schlicht ständig über meine eigenen Grenzen latschen würde.

Ich war damals einer der wenigen (und da waren die Umstände noch erheblich besser), die beruflich diese Richtung (neben Steuerberatung und fremden Leutchen auf dem Kopf rum wühlen ;) ) kategorisch ausgeschlossen hat! Damals war es eine intuitive Entscheidung, die ich noch nicht einmal erklären konnte, heute weiß ich, das so ein Beruf mein Untergang wäre. Ich könnte dieses Leid und die zunehmende Würdelosigkeit einfach nicht ertragen und würde auch alles schön säuberlich mit in mein Bettchen nehmen. :rolleyes:

Ja, es ist bitter, wie sich politische Entscheidungen auswirken und welch Leid diese hervorrufen. Auf ALLEN Seiten!

LG Else


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BeitragVerfasst: Sa 28. Apr 2012, 04:29 
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Else hat geschrieben:
Ich wollte und will diesen Beruf niemals ausüben, weil ich damit schlicht ständig über meine eigenen Grenzen latschen würde.



ja else , es ist sehr frustrierend für mich wenn das menschliche -ein wort mehr zu sprechen , auf den patienten gut zu hören , ihn gut anzusehen durch stress meinerseits weil es weiter gehen muss aber die arbeitet wartet - ich fühle mich da nicht gut mit .
stressabbau war normal möglich mit arbeitskollegen indem auch mal spass gemacht wurde weil man sprechen konnte . ich möchte aber nicht bedauert werden sondern wollte nur erklären wie es von seiten des personals in der krankenpflege aussieht .
ich mag meinen beruf als krankenschwester immer noch , nach fast dreißig jahren kann ich sagen das ich richtig gewählt habe .

Zitat:
Es ist sicher schön, Dinge für sich geregelt zu haben, wenn man Vollmachten erteilt, aber es ist auch ein schweres Gewicht auf Seiten des Verantwortlichen, was man nicht unterschätzen sollte.


else du hast richtig gehandelt bei deinem bruder oder gibt es von ihm etwas was dich verunsichert ?
das schwere gewicht auf seiten des verantwortlichen , ja , das ist schwer deshalb ist es gut wenn in guten zeiten über die wünsche und vorstellung was unseren würdigen tod angeht gesprochen wird , gut , wenn wir jemand haben mit dem wir darüber sprechen können . :ja:

grüsse an yve und dich , alena


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BeitragVerfasst: Sa 28. Apr 2012, 09:56 
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Hallo Ihr Beiden!

Else, eines interessiert mich: Wie hat Dein Bruder das heute - nach dieser immerhin einschneidenden Erfahrung - für sich geregelt? (Falls Du es schon geschrieben hattest, sorry.)

LG an Euch, und schönes Wochenende.

Yve


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BeitragVerfasst: Sa 28. Apr 2012, 18:12 
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alena hat geschrieben:
ja else , es ist sehr frustrierend für mich wenn das menschliche -ein wort mehr zu sprechen , auf den patienten gut zu hören , ihn gut anzusehen durch stress meinerseits weil es weiter gehen muss aber die arbeitet wartet - ich fühle mich da nicht gut mit .


Für mein Empfinden ist es nicht nur frustrierend, sondern faktisch ja auch eine Komponente, weshalb man diesen Beruf gewählt hat und man nicht mehr in der Lage ist, diesen so wichtigen Teil auszufüllen. Von den nicht empfangenen Patienten mal abgesehen... :(

alena hat geschrieben:
ich möchte aber nicht bedauert werden sondern wollte nur erklären wie es von seiten des personals in der krankenpflege aussieht .


Es ging mir auch nicht ums Bedauern, wobei ich diese Zustände wahrlich schon sehr bedauerlich finde. Wie ich schrieb, eben auch für ALLE Beteiligten.

Meine beste Freundin war Stationsleitung über zwei Stationen á 36 Zimmer, hat Vollzeit auf Nacht gearbeitet (mit drei Kids Zuhause) und ist mit 360 Überstunden postwendend in einer Klinik gelandet. :fürcht: Sie bezeichnet diesen Beruf noch heute als ihre Berufung, kann ihn aber nicht mehr ausüben. Traurig.

alena hat geschrieben:
else du hast richtig gehandelt bei deinem bruder oder gibt es von ihm etwas was dich verunsichert ?


Nein, das gibt es nicht! Aber in solchen Situationen oder Gesprächen, wie hier, setze ich mich halt nochmals damit auseinander. Auch, weil ich eben damit rechnen muss, in naher Zukunft wieder entscheiden zu müssen. Klar, die Situationen gleichen sich niemals, aber ich wünsche mir schon, da nicht so ausgeliefert zu sein, sondern vorher schon Dinge klar zu haben.

Ich hab damals laaaaaange mit mir und meiner Entscheidung gerungen (also danach) und fühlte große Schuld allen Beteiligten gegenüber.

Yvette hat geschrieben:
Else, eines interessiert mich: Wie hat Dein Bruder das heute - nach dieser immerhin einschneidenden Erfahrung - für sich geregelt?


Stehe ich jetzt auf dem Schlauch? Du meinst, wie er es heute mit der Organspende etc. geregelt hat, oder ob wir noch im Gespräch darüber sind, ob meine damalige Entscheidung richtig war?

LG Else


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BeitragVerfasst: So 29. Apr 2012, 12:41 
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Else hat geschrieben:
Stehe ich jetzt auf dem Schlauch? Du meinst, wie er es heute mit der Organspende etc. geregelt hat, oder ob wir noch im Gespräch darüber sind, ob meine damalige Entscheidung richtig war?
Das Erstere meinte ich. Das Zweite kann ich mir nicht vorstellen. Er lebt ja, und ich vermute, er lebt gern; es wäre von daher für mich widersinnig, im Nachhinein Deine Entscheidung - und sei es auch nur als Grundsätzliches bzw. theoretisch - anzuzweifeln.

Zitat:
Ich hab damals laaaaaange mit mir und meiner Entscheidung gerungen (also danach) und fühlte große Schuld allen Beteiligten gegenüber.
Tatsächlich? Das wundert mich, oder meinst Du, solange der gute Ausgang noch nicht absehbar war?

LG Yve


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BeitragVerfasst: So 29. Apr 2012, 21:32 
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Ok, Yve, das dachte ich mir schon, war mir aber nicht ganz klar.

Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Wir haben seit Jahren nicht mehr darüber gesprochen.

Nach dieser Erfahrung und noch jahrelang, hat er zwar die Organspende (unter bestimmten Voraussetzungen) weiterhin befürwortet, wollte aber keinen Ausweis mehr bei sich führen; verständlich, weil es seinen Tod bedeutet hätte. Ob sich das aktuell geändert hat, weiß ich nicht. habe auch nicht gefragt bisher.

Yvette hat geschrieben:
Tatsächlich? Das wundert mich, oder meinst Du, solange der gute Ausgang noch nicht absehbar war?


Ja, sehr lange sogar! Der Zeitraum, in dem nicht klar war, wie es ausgehen würde, war ja nicht grad ein paar Wochen, sondern ging über knapp 2 Jahre. :ko: Da ist man selbst irgendwann auf, der Betroffene mag und kann nicht mehr, keiner weiß, ob und wie es weiter geht und alle krauchen wirklich sprichwörtlich auf den bekannten Brustwarzen.

Es ging ja los bei: Er übersteht die Nacht nicht, dann die nächsten Tage nicht, dann die nächsten Wochen nicht. Als er weiter überlebte, was für die Ärzte unverständlich war, wurde uns mitgeteilt, dass die Schädigungen so groß seien, dass er nicht mehr aus dem Koma erwachen würde, als er die Augen aufschlug und lange im Wachkoma lag, hieß es, das wäre jetzt aber sein "Endstadium" und mehr könnte man nicht mehr erwarten und für diese Situation müsste eine Lösung gefunden werden (also austherapiert und entweder SO Pflege Zuhause oder Heim). Das war keine schöne Zeit und ich WUSSTE, er wollte so niemals leben.

Das es so werden würde, wie es heute ist, das wurde kategorisch ausgeschlossen und damit rechnete ich auch über die gesamte Phase nicht; daher mein Schuldgefühl.

Und wirklich "gut" ist es auch heute nicht, aber natürlich besser, als ich je zu hoffen gewagt habe!

Er lebt zwar wieder allein, aber er hat schon ziemliche Einschränkungen. Körperlich nur relativ leichte (die linksseitige Lähmung macht sich noch bemerkbar), aber kognitiv ziemlich starke. Sein Intellekt ist flöten (er war ein echter Schlauarsch ;) ), er hangelt sich mehr schlecht als recht durchs Leben und eckt überall mit allen Menschen an, weil ihm einfach jegliches Fein- und Mitgefühl abhanden gekommen ist, er kann - durch diese Art - keine/wenige Kontakte knüpfen bzw. aufrecht erhalten und ihm fehlt es absolut an dem wenigsten Anpassungsvermögen, so dass ich fast sagen mag, dass ihm jegliche Sozialkompetenz abhanden gekommen ist.

Sein Unfall soll ja nicht überall als Entschuldigung herhalten, aber wer ihn jetzt und "so" kennen lernt, nimmt halt meist leider Abstand, weil er eben etwas sonderbar daher kommt. Mir geht es ebenso, so dass wir uns sehr entfremdet haben.

LG Else


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BeitragVerfasst: Mo 30. Apr 2012, 18:03 
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aber er hat schon ziemliche Einschränkungen. Körperlich nur relativ leichte (die linksseitige Lähmung macht sich noch bemerkbar), aber kognitiv ziemlich starke. Sein Intellekt ist flöten (er war ein echter Schlauarsch ), er hangelt sich mehr schlecht als recht durchs Leben und eckt überall mit allen Menschen an, weil ihm einfach jegliches Fein- und Mitgefühl abhanden gekommen ist, er kann - durch diese Art - keine/wenige Kontakte knüpfen bzw. aufrecht erhalten und ihm fehlt es absolut an dem wenigsten Anpassungsvermögen, so dass ich fast sagen mag, dass ihm jegliche Sozialkompetenz abhanden gekommen ist.

Sein Unfall soll ja nicht überall als Entschuldigung herhalten, aber wer ihn jetzt und "so" kennen lernt, nimmt halt meist leider Abstand, weil er eben etwas sonderbar daher kommt. Mir geht es ebenso, so dass wir uns sehr entfremdet haben.
Ach Else, es macht mich betroffen, das zu lesen, und es tut mir total leid für Euch beide. Ein besserer Ausgang wäre zu wünschen gewesen ...

LG Yve


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BeitragVerfasst: Mo 30. Apr 2012, 19:28 
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Yvette hat geschrieben:
Ach Else, es macht mich betroffen, das zu lesen, und es tut mir total leid für Euch beide. Ein besserer Ausgang wäre zu wünschen gewesen ...


Klar! NOCH besser wäre toll gewesen, aber da sehe ich eher ein halbvolles Glas vor mir, als das halbleere. Ein viel viel schlechterer Zustand, indem er auch lebenslang versorgt hätte werden müssen, war ja weitaus wahrscheinlicher, so dass ich mich ganz gut mit diesem Zustand arrangiert habe und ihn eigentlich so nehme, wie er ist. Wenn er mir zu heftig wird (auch z.B. meiner Mutter gegenüber, die nie was sagen würde), bekommt er von mir einen Seitenhieb und dann kommt er doch mal wieder ins Grübeln.

Früher war er eben mein Vorbild (er ist knapp 6 Jahre älter) und es war schwer, mit der Situation umzugehen, aber das geht schon seit langer Zeit recht gut. Er ist recht selbstbewusst mit seiner "Merkwürdigkeit", weshalb ich glaube, dass eher Andere drunter zu leiden haben, als er selbst.

Viele Jahre später folgte ja Bruder Nr. 2 (der inzwischen verstorbene; übrigens auch älter, als ich), für den ich Verantwortung übernehmen musste und nun mein Paps und da war und ist es mir eben auch wichtig, in so einer Diskussion, auch eben nicht NUR die Betroffenen zu berücksichtigen, die zu Leb- und Klarzeiten ihre Wünsche regeln, sondern eben auch die weiteren Rädchen, die da heißen, Angehörige, Verantwortliche/weitreichende Entscheidungsträger, Ärzte, Pflegepersonal etc.

Aus diesen Gründen habe ich meine Patientenverfügung einstweilen aufgehoben z.B., weil meine Bedenken sehr groß sind, jemandem so eine riesig große Verantwortung aufzubürden.

Die meisten Menschen bedenken dabei eben nur die ihnen bekannten Begebenheiten und wollen sie ausschließen, was ich vollkommen verständlich finde. Ich lebe jetzt zum 3. Mal mit "Ausnahmesituationen" und muss sie regeln, weshalb meine Denke da vermutlich inzwischen andere Wege geht.

Das Leben/Krankheit/Unfall/Tod ist eben nicht so ganz leicht mittels Verfügung planbar; ich finde das inzwischen einen durchaus überlegungswerten Aspekt.

LG Else


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BeitragVerfasst: Mo 30. Apr 2012, 20:36 
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Zitat:
Das Leben/Krankheit/Unfall/Tod ist eben nicht so ganz leicht mittels Verfügung planbar; ich finde das inzwischen einen durchaus überlegungswerten Aspekt.
Oh ja, Else, da hast Du Recht!

Es passiert mir öfters, dass mir plötzlich klar wird, wie sehr wir heute der Täuschung unterliegen, alles managen, handhaben, kontrollieren zu können, ja zu müssen. (Dazu fallen mir als markantes Beispiel die Vorsorgeuntersuchungen ein, die uns in falscher Sicherheit wiegen wollen. Auch hier ist mittlerweile ein bemerkenswerter Druck entstanden. Wobei die Studien dazu zeigen, dass mit diesen Früherkennungsbemühungen längst nicht "alles geritzt" ist ... ) Dinge und Geschehnisse ein Stück weit als Schicksal anzunehmen, fällt uns zunehmend schwerer; ich schließe mich da nicht aus.

Mich freut aber, zu lesen, dass Dein Bruder sich in seinem jetzigen Leben dennoch wohl fühlt. Das ist auch für Dich indirekt entlastend, wie ich mir vorstellen kann.

Liebe Grüße
Yve


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BeitragVerfasst: Di 1. Mai 2012, 07:27 
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Hallo Else

Zitat:
Aus diesen Gründen habe ich meine Patientenverfügung einstweilen aufgehoben z.B., weil meine Bedenken sehr groß sind, jemandem so eine riesig große Verantwortung aufzubürden.


Du hast recht Else. Vor allem bei jungen Menschen wie deinem Bruder muss das eine fürchterliche Entscheidung sein. Mit deiner Erfahrung im "Gepäck" würde ich diese Entscheidung auch keinem andern Menschen aufbürden wollen.
Deine Worte haben mich dazu bewogen, meinen Kindern (und dem Arzt) nochmals deutlich zu machen, dass sie nur das tun sollen, was sich für meine Töchter "richtig" anfühlt. Ich bin alt - nicht mehr jung. Ich verpasse nicht mehr mein Leben wenn ich mal sterbe - ich verpasse ev. "nur" die beschwerlichen Jahre......Das ist eine andere Ausgangslage als bei jungen Menschen.

Trotzdem- danke für deine Worte Else - sie haben mich dazu bewogen meinen Töchtern nochmals deutlich zu machen, dass sie nie was tun sollen, was gegen ihr Herz spricht, nur weil ich es so aufgeschrieben habe. Es soll ihnen "nur" die Freiheit geben, zwischen den Möglichkeiten zu wählen.

glG.
TimpeTe

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BeitragVerfasst: Di 1. Mai 2012, 19:09 
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Yvette hat geschrieben:
wie sehr wir heute der Täuschung unterliegen, alles managen, handhaben, kontrollieren zu können, ja zu müssen.


Ja, Yve, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Grundsätzlich ja verständlich und auch nicht immer unsinnig. Wenn da "nebenbei" nicht das Leben wäre, was sich verdammt nochmal nicht an unsere Planungen halten will. ;)

Die Patientenverfügung ist eben so ein Fall. Eigentlich ein Segen, aber kann auch schneller zum Boomerang werden, wie einem lieb ist. Ich kenne so einige Menschen, die eine verfasst haben; fragt man dann nach den Gründen, sind diese (verständlicherweise) ziemlich einheitlich. Kaum einer geht von diesen Ausnahmesituationen aus (die ja häufiger sind, als man denkt) und kaum einer setzt sich mit dem "Rattenschwanz" an mitbeteiligten Menschen auseinander.

TimpeTe hat geschrieben:
Ich bin alt - nicht mehr jung. Ich verpasse nicht mehr mein Leben wenn ich mal sterbe - ich verpasse ev. "nur" die beschwerlichen Jahre......Das ist eine andere Ausgangslage als bei jungen Menschen.


Natürlich ist das eine andere Ausgangslage, wie bei einem 20-jährigen, aber auch hier gibt es ein Für und Wider:

Dein Leben ist faktisch nicht gelebt, liebe Timpe, bisher nur ein Teil davon. Bei so einer Entscheidung steht eben auch dagegen, dass, je nach Krankheit/Unfall, auch ggf. noch 20 oder 30 Jahre beschwerdefreies Leben in die Waagschale geworfen werden müssen.

Ein Wider bei einem jungen Menschen beinhaltet u.a. nicht nur die Frage, dass er noch sein gesamtes Leben VOR sich hätte, sondern dass genau DIESES die Qual ist. Ein nicht unentscheidender Gedanke bei mir damals war auch, wie viele Jahre ich ihm ggf. einem unwürdigen Leben aussetze und, so schwer man das glauben mag, genau DAS war eine große Krux an der Geschichte. Ich will damit nicht sagen, dass 3, 4 oder 5 Jahre nicht schlimm wären, aber ggf. 40 oder 50 Jahre in solch einer Situation sind eine echte Dramatik, wie ich finde.

Die Eltern sterben irgendwann, die Geschwister, wie bei uns, ggf. auch oder ziehen weg, haben eigene Familien, Jobs etc. Wer pflegt, wie weit geht das zukünftig? Inwieweit geht die Behinderung und inwiefern leidet der Mensch selbst und MUSS noch sein gesamtes Leben vor sich haben. :rolleyes:

TimpeTe hat geschrieben:
Deine Worte haben mich dazu bewogen, meinen Kindern (und dem Arzt) nochmals deutlich zu machen, dass sie nur das tun sollen, was sich für meine Töchter "richtig" anfühlt.


Das finde ich klasse, liebe Timpe, denn so viel Verantwortung KANN man eigentlich nur übernehmen, wenn man selbst mit Herz, Gewissen und Verstand zu handeln vermag.

LG Else


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BeitragVerfasst: Mi 2. Mai 2012, 19:24 
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Zitat:
noch 20 oder 30 Jahre beschwerdefreies Leben


Die kann es nicht geben. Denn beschwerdefrei lebe ich schon seit einigen Jahren nicht mehr.

Zitat:
Ein Wider bei einem jungen Menschen beinhaltet u.a. nicht nur die Frage, dass er noch sein gesamtes Leben VOR sich hätte, sondern dass genau DIESES die Qual ist.

Das ist mir sehr bewusst liebe Else. Und ich habe grosse Achtung vor der Entscheidung die du damals getroffen hast.
Ich möchte dass meine Kinder möglichst frei sind in ihren Entscheidungen. Egal wie man es dreht und wendet - schwierig ist es immer!

Vielleicht hilft einem das Herz die "richtige" Entscheidung zu treffen?

ich wünsch dir einen schönen Abend

TimpeTe

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BeitragVerfasst: Mi 2. Mai 2012, 22:31 
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Zitat:
Das finde ich klasse, liebe Timpe, denn so viel Verantwortung KANN man eigentlich nur übernehmen, wenn man selbst mit Herz, Gewissen und Verstand zu handeln vermag.
Dem schließe ich mich noch an. Und beispielhaft ist es mir auch, Timpe.

Else, wir können nur soweit die Dinge durchdenken und Vorsorge treffen, wie es ohne Panik und innere Verrenkungen möglich ist, meine ich, und dann einen :flagge: Stopp setzen, für uns selbst, sonst machen wir uns verrückt. Verantwortung übernehmen ja, aber nicht noch für alles Unberechenbare, was auf uns zukommen könnte, damit überfordern wir uns. Wir sollten da auch gnädig mit uns selbst sein.

LG Yve


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BeitragVerfasst: Sa 5. Mai 2012, 18:17 
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Yvette hat geschrieben:
Else, wir können nur soweit die Dinge durchdenken und Vorsorge treffen, wie es ohne Panik und innere Verrenkungen möglich ist, meine ich, und dann einen :flagge: Stopp setzen, für uns selbst, sonst machen wir uns verrückt.


Es ging mir gar nicht um Verrenkungen, liebe Yve, und man wird niemals nie im Leben alles durchdenken und vorplanen können. Das ist auch gut so!!!!

Wir scheinen bei so einem Punkt recht unterschiedlich! Mir selbst ist es z.B. lieber, wenn ich solche Verantwortung übergebe oder übernehme, dass das Gros besprochen ist (ohne sich völlig wahnsinnig zu machen) und dass wirklich eine überzeugte Entscheidung getroffen werden kann, hinter der man auch mit Herz und Verstand stehen kann. Das hat etwas viel Beruhigerendes für mich und - ohne es zu dramatisieren - finde ich z.B. gut, dass Timpe das nochmal konkretisiert und verbalisiert hat. Wenn alles für alle Beteiligten geklärt ist, kann es meinethalben auch für die nächsten 20 Jahre gut sein, denn in dieser Sicherheit gäbe es für mich kein Gesprächsbedarf mehr.

TimpeTe, mich interessiert, wie man bzw. Du zu dem Entschluss mit z.B. Exit gekommen ist/bist.

Ist das bei Dir eine lange keimende Angelegenheit oder resultiert ein solcher Gedanke aus spontanen Gedanken/Emotionen? Oder beides zusammen?

Ist dies eine grundsätzliche Einstellung oder hängt das mit Deinem - manchmal - gefühlten Alter und Krankheit zusammen?

Logisch, dass Du bitte nur antwortest, wenn Du magst!? ;)

LG Else


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