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BeitragVerfasst: Fr 3. Aug 2012, 16:40 
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inspiriert von einem faden drüben, im ptf, der mich irritiert: dort sind sich viele einig, dass die gefühle eines therapeuten nix in der therapie verloren haben, weils da immer um den klienten/patienten/bekloppten was auch immer gehen soll. ich versteh den wunsch. mich macht die enorme emotionale präsenz von und die nähe zu meiner therapeutn oft ganz wund. aber ich schäme mich für mein wund-sein, ich halte es für einen ausduck meines kaputt seins, meines jahrelang in die abspaltung von gefühlen flüchtens. ich will an der stelle heilen. und langsam kribelt es.in der wunde bewegt sich was, erste schichten von schorf....

deshalb frage ich mich: sind wir nicht alle bekloppt, weil wir mit gefühlen, unseren, den von anderen nicht gut umgehen können? sollen wir das da nicht lernen? brauchen wir da nicht ein therapeutisches gegenüber, dass mit SEINEN gefühlen auch da immer ganz intensiv da und mit sich im reinen ist, wo diese gefühle auch beschämend sein können, traurig, mächtig usw.

einschränkung: gefühle müssen ja vom therapeuten gott sei dank nicht ausausgiert werden, weil der hat das ja gelernt darüber zu sprechen.

die zweite frage: wie echt ist das alles? ich hab schon auch manchmal das gefühl, dass ich von meiner therapeutin genau solche gefühle vor die füße gelegt bekomme, von denen sie weiß, das ich mit denen nicht gut kannn - lob, anerkennung, zuneigung, komplimente, betroffensein, für mich traurig sein (manchmal mit einer kleinen träne). ich finde das oft schwer. aber wenn ich durch bin, dann finde ich es auch sehr schön. da kommt dann manchmal die bange frage: aus welchem hut zaubert sie das, was ich grad brauche? ist das alles nur theater?


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Verfasst: Fr 3. Aug 2012, 16:40 


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BeitragVerfasst: Fr 3. Aug 2012, 16:55 
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ich meine kein spiegeln meiner gefühle, neblina. ich mein gefühle, die ich eben grad nicht hab, die sie vielleicht erst einmal stellvertretend für mich hat. und ja, meine therapeutin war auch mal reserviert. wohl auch in dem wissen darum, dass ich anderes zunächst nicht aushielt. ich erinnere mich. sie hat früher oft so einen emotionalen rückzug eingeleitet mit der frage: "bin ich ihnen jetzt zu nah gekommen. entschuldigung". das hat sich vor noch gar nicht so langer zeit geändert, in dem maß, in dem ich selber mehr eigene gefühle zeigen konnte, auch ihr gegenüber, in dem maße, in dem ich viel öfter, viel ehrlicher über die beziehng zu ihr sprechen konnte, die mittlerweile wirklich im zentrum steht - und in der sich durch reinszenierung viele, viele alte, früh, schmerzliche sachen wiederspiegeln.


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BeitragVerfasst: Fr 3. Aug 2012, 18:47 
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Hallo neko

Diese Frage habe ich mir auch manchmal gestellt. Ich meine, ob die Gefühle die er verbalisiert echt sind, oder ob sie einfach professionell eingesetzt werden, wenn die Situation „günstig“ ist. Rückblickend würde ich sagen, - waren sie echt. Aber bei meinem Thera meine ich irgendwann erkannt zu haben, dass er sich dafür eigener- ähnlicher Erfahrungen bedient und damit so authentisch blieb, dass er glaubwürdig war…..Und aus dieser „Gemeinsamkeit“ heraus ergab sich dann auch ein Gefühl von „Verbundenheit“ und des „Verstande-werdens“. Ich denke, dass dies alles sehr individuell ist. Bei meinem Thera würde ich sagen – er war authentisch, er war echt. Er hat mir auch zugemutet, dass ihm manchmal die Augen zugefallen sind vor Müdigkeit ;-)…(oder aus Langeweile ….
Ich glaube, liebe neko – wenn ein Therapeut sich einmal dafür entschieden hat, sich auf eine Beziehung zum Patienten einzulassen, dann ist er –jedenfalls meiner – bereit, sich sehr sehr stark einzubringen, sich zu zeigen….Ich vermute ja schon lange, dass Therapeuten die ultimativen Gefühlsjunkies sind. Die brauchen das irgendwie.…..Des weiteren vermute ich, dass die einst unter ähnlichen Qualen auf ihrem Seelenboden auf Gefühlssuche waren…Bei uns gibt es inzwischen sowas wie eine wortlose Verständigung. Wir können uns angucken und einfach – weinen…..
Ja – es waren die sanften und die weichen Gefühle die schwierig auszuhalten waren- nicht die Wut oder die Angst oder oder oder…..
es war vor allem die Angst zu lieben...

:wink:
Timpe

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BeitragVerfasst: Fr 3. Aug 2012, 19:31 
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timpe, ich glaub eigentlich auch, dass das bei meinem ex-bambi alles echt und authentisch ist. es ist mir manchmal aber ein bisschen unheimlich. woher nimmt sie das? manchmal hab ich sogar das gefühl, mit so einer ganz leisen stimme schmuggelt sie die botschaften unbemerkt an meiner armee von zensoren direkt in mein hirn, so das ich das gar nicht richtig mitkriege.

ein beispiel: es ging mir vor gar nicht langer zeit mal wieder sehr, sehr schlecht. ich war am auseinanderfallen. alles "nur", weil ich mich beim nicht perfekt sein, beim was vergessen und mal nicht nur nett und herzlich sein gegenüber einem sehr fordernden menschen in meiner umgebung ertappt hatte. vom kopf her weiß ich, ist o.k. neko, darfst du auch mal. aber innendrin tauchen ängste auf, selbsthass, selbstverletzung, in tausend stücke springen. manchmal endet das dann damit, dass ich mich als hässliche, stinkende zumutung empfinde, vor der sich alle angeeckelt abwenden müssen. in so einer situation und in reaktion auf einen traum, den ich erzählt habe und der mein mich-eklig finden ausdrückte, flüsterte meine therapeutin mir zu, dass dies und jenes an mir wunderschön sei. ich weiß noch, ich bin nach dieser stunde, in der ich viel geweint habe, raus und ich fühlte mich feder leicht.ich weiß noch, wenig später war ich mir gar nicht mehr sicher, ob das wirklich passiert ist oder ob ich es geträumt hab....keine ahnung, all das, dieses traumwandlerische, das geflüsterte, das hat bewirkt, dass siese sätze in mir geankert haben und mir geholfen haben. ein riesen schritt hin auf dem weg des sich selber annehmens, weil ich mich so sehr und so fraglos vo ihr angenommen fühlte.

ich bin da ganz ehrfürchtig: wie macht das bambi das? das kann kein theater sein. aber wie macht sie das?


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BeitragVerfasst: Fr 3. Aug 2012, 20:28 
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ja, neblina, beruf, schon richtig, aber dieses wissen darum, was geht, wie es geht, wie ich es brauche, vielleicht auch nur in dieser einen situation. keine ahnung. normalerweise hätte mein suchradar solche sätze gnadnlos abgeschossen. da nicht. da war eine lücke. und gleichzeitig eine riesengroße bedürftigkeit. dass sie das erkennt. und dass sie das dann in stimme, in worte, in blicke, in gesten übersetzen kann - ich weiß nicht, ich glaub nicht, dass "man" das einfach so lernen kann, so wie man chinesich oder arabisch lernt. aber vielleicht will ich mir das so auch nur nicht vorstellen. vielleicht will ich eine prise magie, eine prise gunst des augenblicks, eine prise, das geht nur auf dem resonanzboden unserer in tausend blutigen gefechten erstrittenen verbundenheit...


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BeitragVerfasst: Sa 4. Aug 2012, 10:31 
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Hallo neko

Zitat:
ich bin da ganz ehrfürchtig: wie macht das bambi das? das kann kein theater sein. aber wie macht sie das?


Das habe ich mich auch oft gefragt. Ich denke, es ist ein Zusammenspiel von Technik und gleichzeitigem Wissen um all die Bedürftigkeit der Menschen die bei ihnen auf der Couche oder auf dem Stuhl "landen". Ganz besonders um das Wissen was einigen Kindern in sehr hohem Masse gefehlt hat um so zu reifen, dass ihre Seele keinen Schaden davongetragen hätte. Und ein ganz klein wenig von dem was es gebraucht hätte bekommen wir wohl während einer Therapie (wenn wir es zulassen können.) Und wenn wir es zulassen können, dann ist das für die Therapeuten vermutlich ihr "Lohn" - ihre Befriedigung die sie in diesem Beruf finden, weil ihnen - im besten Fall - ganz genau bewusst ist, dass dies der Weg in eine vorher nicht gekannte Freiheit ist.
So habe ich das jedenfalls erlebt. Und so wurde es mir auch vom Thera bestätigt.
Auch wenn ich mich wiederhole - ich glaube zutiefst in einem drinne, ist es die Überwindung der Angst - zu lieben. Nicht nur die Menschen um einem rum - sondern vor allem auch sich selber und alles was das Leben ausmacht. Und ganz zuletzt versteckt sich vielleicht auch die Angst vor dem Sterben oder der eigenen Endlichkeit. Da bin ich noch am "umähirnä"....

ein lieber Gruss zu dir
ursela

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BeitragVerfasst: Sa 4. Aug 2012, 14:36 
hallo ihrs,

ich kenn das andere Forum ja nicht und kenne den Thread deshalb nicht, aber ich glaub, ich hab jetzt schon ansatzweise begriffen, was das Thema hier ist ;)

Ich erwarte von einem Therapeuten, dass er nicht nur seinen psychowissenschaftlichen Stoff in sich reingestopft hat, sondern eine Entwicklung als Mensch genommen hat, um praktisch als authentischer Mensch auftreten und in Beziehung gehen zu können. Denn es ist nicht das wissenschaftliche Lexikon auf zwei Beinen mir gegenüber, das mir auf meinem Weg Hilfestellung geben kann, sondern es ist die Beziehung, die ich zu diesem Menschen habe.

Diese Beziehung herzustellen, das ist in erster Linie sein Part als Profi, aber das entlässt mich nicht aus der Verantwortung. Ein Profi kann mich nur so gut unterstützen, wie ich bereit bin mich darauf einzulassen. Eine Kristallkugel haben die bekanntlich alle nicht ;)

Für mich ist es deshalb auch völlig klar, dass er mir jetzt nicht nur meine Gefühle spiegelt, sondern dass er offen mit seinen Gefühlen umgeht, die diese Beziehung in ihm aufwirft. Was für mich ein no-go wäre, das wäre ein Einbringen seiner eigenen Themen, vor allem der unbewältigten. Aber das hab ich auch noch nie erlebt.

In einer therapeutischen Ausbildung lernt man, sein eigenes von dem des anderen zu trennen. Ich kenne das von der Kunst- und von der Tanztherapie und das wird bei den klassisch-Anerkannten ja hoffentlich auch so sein. Vermutlich ist es das, was wir dann oft als so anders erleben, und trotzdem so authentisch.


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BeitragVerfasst: Sa 4. Aug 2012, 17:08 
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Ich hab mich das am Anfang auch extrem gefragt. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass da jemand quasi stellvertretend für mich fühlt. Das war mir irgendwie unheimlich. Ich hab auch schon einige Tränen gesehen und wollte und konnte das echt nicht glauben. Aber ich weiß ja, was ich gesehen habe. Also muss es wohl so sein.

Jetzt, mit meiner unglaublichen Erfahrung ;) , finde ich es einfach nur faszinierend und denke wirklich, dass die simple Antwort darauf lautet: Das ist ihr Beruf - wie neblina das gesagt hat. Das ist schon auch Technik, das Sicheinfühlen. Es reicht nicht, 'nur' empathisch zu sein; man muss in den Stunden halt immer wieder auf eine gemeinsame Reise gehen - dem Anderen bei seiner Reise zuzugucken, reicht nicht. Deshalb ist dieser Job ja auch so wahnsinnig anstrengend. Täglich in alle möglichen Richtungen zu reisen, und am Abend immer wieder zurückzukommen, zu sich selbst...

Und die Kunst besteht darin, sich nicht auffressen zu lassen von den Gefühlen des Gegenübers, des Patienten. Und ich fürchte, einige Therapeuten sind zwar gut darin, sich einzufühlen, sind aber schlecht darin, dann doch wieder die gewisse Distanz zu bewahren und sich abzugrenzen (wenn es sich um den Thread handelt, den ich meine...). Das würde mich aufregen, verunsichern, und es würde alles kaputtmachen, wenn ich das Gefühl hätte, mein Therapeut fühlt so viel, dass er am Ende der Stunde regelmäßig (!) aufgewühlter als ich.


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BeitragVerfasst: Sa 4. Aug 2012, 21:42 
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zwei mal ja, timpe: ja, das glaub ich auch, dass es darum geht, die angst vor dem lieben hinter sich lassen. und ja, da bin ich mir sicher: es ist eine kombination von technik und tiefem wissen um die bedürftigkeit von uns, die unsere therapeuten aufbieten, um uns beim sprung über die angst flügel zu verleihen.

vielleicht kommt noch eins dazu: eine mich immer wiederüberraschende fähigkeit zur großzügigkeit. großzügig wünschen sie für uns - auch da, wo wir noch nicht wünschen können, auch da, wo wir vor lauter angst um uns schlagen. großzügig, weil sie tausend mal zu sehen, wie wir all ihre bemühungen durchkreuzen und doch nicht aufhören sich zu bemühen.

ich gucke in meiner sommerpause viel zurück. dabei hab ich mich erinnert, wie oft ich das bambi hab auflaufen lassen, wie oft ich auch anflüge von verzagtheit bei ihm gespürt hab, aus denen es sich dann mit sätzen wie diesen selber rauskatapultiert hat: moment, ich darf nicht vergessen: sie kommen regelmäßig, sie haben noch nicht einmal gefehlt, irgendetwas gibt ihnen das hier, irgendetwas gebe ich ihnen hier offensichtlich, wir wissen nur noch beide nicht was.

manchmal hab ich das bambi auch in die verzweiflung getrieben. einmal, da ist es laut geworden. scheiße, hat es gebrüllt. jetzt gehen sie und haben wieder das gefühl, ich kann ihnen nicht helfen, ganz phantastisch.

und ein mal, nein zwei mal, da hab ich das bambi in eine emotionale verstrickung gelockt. das mag ich hier nicht erzählen. aber das war schlimm. da stand was auf der kippe. das hat sehr weh getan. auf beiden seiten.da hat das bambi einen schritt zurück gemacht, hat das aber so liebevoll eingeleitet, dass ich das verstanden habe.

all diese male, da hat das bambi mich auch seine gefühle schauen lassen. das war nicht leicht. aber das war so not-wendend. ohne das, wäre ich weggelaufen,hätte es wirklich verstrickt oder wirklich von seiner unfähigkeit überzeugt. das hat mich jedes mal so berührt und zum umkehren bewegt.

deshalb: doch, ich brauchte das, die manchmal auch massive emotionale präsenz des bambis. ich musste auch SEINE verzweiflung, SEINE anlüge von hilflosigkeit spüren, um dann von SEINER großzügigkeit, SEINER stärke beim überwinden von all dem ganz berührt zu sein. vielleicht auch deshalb: ich hatte es oft so schwer in der therapie. ich USSTE manchmal spüren, dass es auch für das bambi oft nicht leicht ar. und ich danke ihm dafür, dass er mich das spüren ließ.


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 09:04 
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Ich glaube, wichtig ist vor allem, dass der Therapeut das Gefühl überhaupt HAT. Und dass der Patient spürt, DASS der Therapeut dieses Gefühl hat. Jemand, der sich durch das, was der Patient sagt, nicht berühren lässt, der kommt bestimmt nicht weit.

Aber es muss vielleicht nicht bei jedem Patienten so sein, dass dann so was gesagt wird wie "ich hab dich lieb" oder "Sie verletzen mich" oder ähnliches, wobei das auf die Situation ankommt. Ich hätte so was jedenfalls nicht gerne als Grundstimmung.

Trotzdem ist es mir auch wichtig, Gefühle beim Therapeuten zu erwecken - ich möchte nur nicht darin ersaufen. Ich kann mich erinnern, dass - als es mal wieder um 'uns' ging - ich ihm gesagt habe, dass es mich wirklich belastet, dass ich von ihm nur nehme und ihm nichts gebe. Und er antwortete: "Woher wissen Sie das? Ich bin doch kein Roboter". Es ging dann weiter, dass er - wie er das oft tut - unsere Beziehung mit einer Eltern-Kind-Beziehung verglich und er meinte: "Ihre Kinder nehmen doch auch von Ihnen" und ich dann sagte, das sei doch was ganz anderes, weil die Beziehung zu den Kindern auf Liebe begründet ist. Darauf antwortete er: "Sie meinen, weil Sie biologisch miteinander verbunden sind?"

Was ich damit eigentlich sagen will: Für mich selbst war das gut, ausreichend. Mehr wäre mir definitiv viel zu viel gewesen. Mich bewegen auch solche Sätze, die, für sich genommen, relativ nüchtern sind. Aber ich hab gemerkt, dass da ein Gefühl ist. WIE VIEL Gefühl da wirklich ist, wurde nicht gesagt, hätte mich auch belastet, vielleicht. Er hat das auch mal erwähnt, dass er merkt, dass ich Angst habe vor guten Gefühlen ihm gegenüber, als es 'enger' wurde. Natürlich (?) möchte ich auch geliebt werden, aber ich finde es schön, wenn da was offen bleibt. So ein Satz wie "ich hab dich lieb" ist so schwer, so beladend, so endgültig. Das würde einen doch dann wieder so fordern - wie man ja 'drüben' gesehen hat: Man fühlt sich dann als Patient gleich mitverantwortlich (gemacht) für die Gefühle des Therapeuten.

Und umgekehrt wäre das sicher auch nicht hilfreich, wenn man gesagt bekäme: "Ja, stimmt, Sie nehmen mir wirklich was weg. Sie geben mir überhaupt nichts" :confused: Also: Gefühl ja, aber, wenn es geht, kein Beziehungs-Drama à la: "Liebst du mich wirklich?" - "Zeig mir, dass du mich liebst" - "Ich lieb dich mehr als du mich" - das hatte ich so viele Jahre, dass ich es nun gerne etwas nüchterner hab und ich definitiv nicht möchte, dass sich mein Therapeut von mir in einen Gefühlsstrudel ziehen lässt.

Kann sich aber noch mal ändern, meine Einstellung, denn ich erinnere mich, dass ich vor einem halben Jahr oder so noch der festen Überzeugung war, Zuneigung und Sympathie (von Liebe ganz zu schweigen) seien in einer Therapie nicht wichtig. Ich weiß gar nicht, wie ich darauf gekommen bin - na gut, damals war das noch keine Analyse, sondern wir haben halt 1x pro Woche miteinander geredet. Das war schon was anderes. Wer weiß... - vielleicht tauchen wir noch mal tiefer ab in die Gefühle zwischen uns. Vielleicht bin ich noch nicht dafür bereit. Aber so was muss ein Therapeut dann halt auch spüren. Mit Gewalt beim Gegenüber an die Gefühle zu appellieren, halte ich jedenfalls für keine gute Idee.


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 10:06 
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titus, ja, eins ist ganz wichtig: jeder braucht sicher anderes und jeder braucht in unterschiedlichen phasen unterschiedliches. und da bedarf es schon ganz viel fingerspitzengefühl von so einem kleinen bambi.(wieder, woher nimmt es das?) Und, ganz wichti: dabei können auch fehler passieren. auch bambis sind keine hellseher.

ich zum beispiel würde die "du-kind ich-eltern" analogie ums verrecken nicht aushalten. das triggert bei mir ohnmacht, ausgeliefert sein, hilflos sein. ich brauch den ewigen spagat zwischen auf augenhöhe, mich füttern lassen und auch gefühl zurückgeben lernen. (grad ganz großes thema: ich lege ganz vorsichtig dem bambi meine dankbarkeit und meine liebe zu ihm vor die füße. man fällt mir das schwer...)

aber da steckt doch noch mehr dahinter, oder? ja, wir brauchen unterschiedliches und wir sollen schon auch das bekommen, was wir brauchen. aber wir sollen uns ja auch bewegen, neues lernen, neue gefühle aushalten. und das geht nicht ohne verwirrnis und zumindest bei mir auch nicht ohne schmerz. ich hatte schon auch einen guten grund, mir das bambi lange zeit vom leib, auf sicherer distanz zu halten. und zu diesem auf distanz halten gehörte auch die idee, komm, was soll es, ist ihr job. und da gehörte es auch zum job vom bambi,denke ich, mir das kaputt zu machen, langsam, stück für stück, aber beharrlich. wie hat sie das gemacht? sie hat mich mit ihrem begehren konfroniert, damit, dass sie natürlich auch gefühle für mich hat, wie auch sonst?, damit etwa, dass es natürlich auch für sie hart wäre, wenn ich einfach so abhauen würde und dass auch sie zeit brauche, sich aus so einer intensiven beziehung zu lösen....das hat mich gehörg verstört am anfang, in einer ganz komplizierten mischung: angst haben, nicht glauben, sich freuen, sich schämen für sich freuen und und und...darüber zu reden, mit ganz viel scham am anfang, das war und ist für mich unendlich wichtig auf dem weg zum lieben lernen ohne furcht. und zumindest ich brauche es in diesem lernprozess, immr wieder mit einem furchtlos liebenden, auch mich liebenden bambi konfrontiert zu werden...


all das natürlich in der gewissheit, dass ich vielleicht absaufe in gefühlen, aber das bambi nicht. dasbambi hat gefühle, ganz viele gefühle, und es ist auch mal traurig und auch mal verletzt, aber es kann damit umgehen. manchmal glaube ich, ich sei für seine gefühle zuständig. aber dann kann ich mich zur ordnung rufen, dann weiß ich, ich projezier meins auf sie, auch um es für mich aushaltbarer zu machen...


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 10:21 
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Hallo neko

neko hat geschrieben:
ich zum beispiel würde die "du-kind ich-eltern" analogie ums verrecken nicht aushalten. das triggert bei mir ohnmacht, ausgeliefert sein, hilflos sein. ich brauch den ewigen spagat zwischen auf augenhöhe, mich füttern lassen und auch gefühl zurückgeben lernen.

Du siehst einen Gegensatz. Das schließt doch "du-kind-ich-eltern" nicht aus. Es kommt auf die "Eltern" an.

Gruß
Anastasius

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"Wer seine Gedanken und Hoffnungen auf etwas richten kann, das jenseits des Ichs liegt, wird einen gewissen Frieden inmitten der unvermeidlichen Lebenssorgen erringen. Das ist den reinen Egoisten unmöglich." (Bertrand Russell)


Zuletzt geändert von Anastasius am So 5. Aug 2012, 10:23, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 10:50 
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Aber, neko, belastet es dich nicht furchtbar, wenn du ihre Gefühle so deutlich spürst? Es gibt ja Leute, die so abgebrüht und gestört sind, dass sie wirklich brauchen, dass da jemand sagt: "Du, wenn du mich mit dem Messer bedrohst, dann macht mir das Angst" - hab ich mal in irgendeinem Fallbeispiel gelesen... Ich nehme mal an, dass du nicht mit dem Messer auf deine Therapeutin losgegangen bist.

Kennst du das nicht von deiner Kindheit, dass du immer verantwortlich gemacht wurdest für die schlechten Gefühle deiner Eltern? Bei mir war das so: Wenn ich 'ungezogen' war (und ich war selten wirklich ungezogen!), dann hieß es immer (und das war sehr oft so, wenn meine Mutter überfordert war): "Wegen dir hab ich Herzschmerzen (oder Kopfschmerzen)!" Ich finde das so waaaaaaaaaaaaaaaaahnsinnig entlastend, dass ich in der Therapie einfach SEIN darf, auch anstrengend und fordernd sein darf, a pain in the ass, ohne dass die Reaktion kommt, das würde den Therapeuten aber belasten. Ich frage irgendwie immer nach und teste, wo die Grenzen dessen sind, was er aushält, und er antwortet immer wieder: "Das Einzige, was Sie sich hier nicht erlauben dürfen, ist, mein Bücherregal auseinanderzunehmen. Aber auch darüber würden wir dann reden".

Ich kann das immer noch gar nicht richtig glauben, weil ich es schon phantasiere, dass er irgendwann sagt: "Ich geb mir hier so eine Mühe mit Ihnen, und was ist der Dank?!" - aber das bleibt einfach aus, und das fühlt sich so toll an. Dass ich zwar weiß und merke (ich bin ja kein Holzklotz), dass er Gefühle hat, dass ich empfindsame Menschen sowieso toll finde - dass ich aber auch weiß: ICH bin nicht dafür zuständig, dass er nach einer Stunde vielleicht mal niedergeschlagen, wütend oder gelangweilt ist. ICH bin auch nicht dafür zuständig, dass er mich vermissen würde, wenn ich aufhöre. Ich denke darüber nach, ob das wohl so wäre, aber ich muss mich nicht damit befassen, ob es wirklich so IST, denn das würde mich überfordern. Ich denke so oft darüber nach, was so ein Therapeut alles aushalten muss - und ich nehme mir das tatsächlich als Vorbild: dass man manchmal Geduld haben muss; dass man Zuneigung und Vertrauen nicht mit Gewalt erzeugen kann; dass man auch Misserfolge und Verluste aushalten muss. Ich finde es toll, dass ich mir sagen kann - ohne mich dafür schuldig fühlen zu müssen!: "Er macht das mit sich selbst aus, was ich in ihm bewirke. Ich darf alles sagen, was ich will (und das ist ja nichts übermäßig Brutales oder Herzloses), und es ist SEIN Job, damit irgendwie umzugehen". Das heißt nicht, dass ich keine Rückmeldung will; manchmal frage ich auch, wie das auf ihn gewirkt hat, wenn ich etwas gesagt habe. Aber ich will es nicht ungefragt haben.

Komisch und faszinierend, wie unterschiedlich die Patienten da sind, finde ich.

Wie die das machen? Ich weiß auch nicht, aber ich schaue auch oft zurück und dann stelle ich fest, dass diese Entwicklungen so 'fein' und fast unbemerkt verlaufen und ich nicht mal sagen kann: "Weil er das und das gesagt hat, hat das bei mir etwas ausgelöst". Es ist einfach - und vielleicht (?) ist das auch der Grund für das Scheitern einiger Analysen - eine Frage des Sich-Aufeinander-Einstellens, glaube ich. Auch der Patient muss sich ja einlassen, muss sich vielleicht auch mal einfühlen, um nicht übermäßig zu verletzen; er muss vertrauen. Ist ja auch alles nicht so einfach.


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 10:55 
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anastasius, ich hab mich auf das bezogen, was titus geschrieben hat: kinder nehmen auch von den eltern, nehmen sie von mir...und ja, meine vorstellung von eltern-kind beziehung ist gründlich vergiftet, so gründlich, dass ich ganz allergisch auf asymmetrien in beziehungen reagiere...ich kann das im kopf dekonstruieren, kann sehe, dass es auch anders geht bei anderen, aber mein kind ist in so einen tiefen brunnen gefallen, dass sich das für mich nicht mehr ändern wird. damit kann ich aber leben. das ist eine der narben, die da sind aber kaum noch weh tun....


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 11:32 
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ja titus, ich kenn das, für die gefühle von anderen verantwortlich gemacht zu werden. aber was folgt daraus? wie von hier aus weiter? wie da raus? für mich führt der weg nicht über einen therapeutischen ort, in dem es nur um mich und meine gefühle geh. das wäre ein ort zum ausruhen, nicht ein ort zum lernen. ich brauche die therapie als einen ort, an dem ich zwei dinge tun kann:
1. lernen, was sind ihre und was sind meine gefühle, lernen, ich kann beides spüren und es trotzdem auseinander halten. dazu gehört für mich ganz viel reden darüber, was ich GLAUBE, was das bambi fühlt. es gehört aber auch dazu, dass mir das bambi seine gefühle zeigt, dass ich es aushalte sie zu sehen, ohne mich verantwortlich zu fühlen und v. ohne dabei mein gefühl für mich zu verlieren.
2. alte verstrickungen reinszenieren. das alte muss sichtbar werden in meiner therapie, ich muss es wiederholen, fast jeden fürchterlichen scheiß. nur dann kann ich es hinter mir lassen. dazu gehörte auch das übermächtige gefühl, das bambi benutzt mich. oder die angst: das bambi begehrt mich, so wie es nicht richtig ist. wie auch nicht? wie hätte diese alte scheiße nicht in unserer beziehung wieder aufbrechen sollen? tut alles fürchterlich weh. keine frage. das darüber reden hat mich manches mal fast umgebracht. das rauskriegen, was ist meine projektion, was ist real, das war unendlich beschämend. aber am ende: unendlich befreiend. zu all dem gehörte auch: ja, das bambi hat auch gefühle für mich. an denen bin ich aber nicht schuld. und es ersäuft nicht in den gefühlen. und ja, ich hab auch gefühle für das bambi. und wir berühren uns gegenseitig. aber wir sind trotzdem getrennt voneinander.
noch einmal: für all das brauchte ich das bambi mit all seinen gefühlen sehr präsent.


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 11:49 
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Ich - für mich - denke nicht, dass das ein Ort des Sich-Ausruhens ist, wenn man sich davon freimacht, schuld an den schlechten Gefühlen des Therapeuten zu sein: Jeder lernt halt anders. Bei mir ist es so, dass ich zum ersten Mal im Leben das Gefühl habe, dass ich in einer Beziehung zu jemandem aufschauen kann und dass das nichts Schlechtes ist, sondern dass das mir erst den Freiraum gibt zu wachsen: Als Kind durfte ich nicht wachsen, auf keinen Fall erfolgreicher, belesener, mutiger oder eloquenter werden als die eigene Familie. Ich empfand sie als so klein und beschränkt (damals schon), und ich hab mich dennoch nicht getraut, nach oben zu schauen. Und jetzt ist da jemand, bei dem ich das nachholen kann; ich bin klein, und er ist groß. Ich darf anstrengend sein, und er hält das aus. Ich darf mich anlehnen, und er fällt nicht um. Das funktioniert aber nur, wenn er seine eigenen Gefühle mir gegenüber raushält - oder sie eben so 'filtert', dass sie nicht zu mächtig werden.

Nun möchte ich bestimmt nicht nach zwei Jahren aus dieser Therapie rausgehen mit dem Gefühl, dass ich immer noch klein bin ;) Aber ich finde es gut, dass nicht schon am Anfang dieses Gefühl, starke 'Eltern' zu brauchen, erstickt wird, indem dann so was kommt wie 'bitte verlass mich nicht, sonst bin ich traurig'.

Ich frag mich in dem Zusammenhang manchmal, wie es überhaupt kommt, dass Patient und Therapeut sich finden und das dann auch so passt: Das ist doch so kompliziert - der Eine mag dieselbe Augenhöhe, der Andere re-inszeniert die Eltern-Kind-Konstellation. Der Nächste will verführen, weil er andere Beziehungen nicht kennt usw. Es ist doch bestimmt nicht möglich, dass ein Therapeut sich auf alle möglichen Bedürfnisse einstellt bzw. dass das langfristig so passt. Ich kann mir das einfach nicht vorstellen, wie das funktionieren soll bzw. wie häufig es ist, dass ein Therapeut nach den probator. Sitzungen feststellt: Mit dem kann ich nicht.


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 12:11 
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Zitat von Titus
Zitat:
Es ist doch bestimmt nicht möglich, dass ein Therapeut sich auf alle möglichen Bedürfnisse einstellt bzw. dass das langfristig so passt. Ich kann mir das einfach nicht vorstellen, wie das funktionieren soll bzw. wie häufig es ist, dass ein Therapeut nach den probator. Sitzungen feststellt: Mit dem kann ich nicht.


Manchmal denke ich;
wenn der Mensch sich in seiner Verletzlichkeit zu zeigen wagte - wenn er wirklich so sein dürfte wie er ist und sich nicht hinter seinen "Stärken" :nixweiss: :rolleyes: verstecken müsste, dann könnten wir uns vielleicht viel mehr mögen....
vielleicht ist es dieses portionenweise Loslassen von Schutzmechanismen - das "sich ganz zeigen" - und nicht nur das was einem an sich gefällt, das Verbindungen schafft. Und dies nicht nur in der Welt der Therapie...

:wink:

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Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 12:37 
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Aber gerade in der Therapie ist es doch so, dass man sich antasten muss, oder? Und dem Patienten muss es doch auch möglich sein, zu sagen: "Nein, ich will nicht, dass du mir alles von dir zeigst. Ich will meine Phantasie behalten" oder "mich würde das belasten".

Das, was du beschreibst, ist doch etwas sehr Ideales. Kinder sind noch so. Die sagen, wenn sie mitspielen möchten: "Darf ich mitspielen?" - und wenn man sie ärgert, dann zeigen sie, dass sie traurig sind. Leider merken sie dann recht schnell, dass das ausgenutzt wird, wenn man ehrlich ist und seine Schwächen zugibt. Und dann fängt man an, cool zu werden: "Bäh, mit euch will ich sowieso nicht mitspielen".

Aber in der Therapie geht es doch nicht nur darum, dass sich da zwei Menschen zeigen, oder? Ich will ja nicht nur sehen und gesehen werden. Ich will auch verstanden werden. Leider ist das nicht immer dasselbe. Und ich will sogar, dass mein Therapeut die Fäden in der Hand hält und nicht, dass er sich mit mir zusammen verheddert.


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 12:49 
titus hat geschrieben:
"Nein, ich will nicht, dass du mir alles von dir zeigst. Ich will meine Phantasie behalten"


... na das kann man laut sagen... :oops:


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 12:56 
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das wollen kann ich schon gut verstehen. ich hab auch meine stabilisierenden phantasien gehabt. die frage ist vielleicht nur, ob das, was man will, immer das richtige ist, das, was einen weiter bringt. ich will mittlerweile manchmal dinge, die ich eigentlich auf den tod nicht will. :lol: versteht das noch einer :kopfkratz:

aber das ist dann vielleicht auch eine sache der phasen: erst stabilsieren. erst wollen und kriegen lernen. dann verbände runter und auch mal wunde aufreißen. und, das ist meine erfahrung, beim wunden aufreißen. da geht es nicht mit fäden in der hand halten. da verwirren sich die fäden auch mal.

zumindest bei der beschaffenheit meiner wunden....von daher: villeicht auch nicht nur eine sache der phasen, sondern auch eine sache der wunden und des darin schwärenden giftes....


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 13:15 
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neko, das ist wahrscheinlich wieder diese Gratwanderung: Therapie vs. Analyse. Verband abreißen geht halt nicht immer, und ich fürchte auch, dass ich in meiner Therapie nicht dahin komme, wirklich alle Verbände abzureißen. Dazu liegt der Schwerpunkt zu sehr auf dem Versorgen, dem Halten. Aber was nützt es, wenn der Patient den Anblick seiner Wunden so geballt nicht wirklich ertragen KANN? Klar ist das auch die Frage der Phasen. Aber trotzdem glaube ich nicht, dass wir am Ende alles aufgedeckt haben. Und ich weiß noch immer nicht, ob er Angst davor hat oder ob er es nicht kann, weil er es nicht sieht. Ich kann mir das nicht wirklich vorstellen, dass er nicht weiß, dass da noch ganz gruselige Dinge darauf warten, erkannt zu werden. Also hat er vielleicht doch Angst vor mir - ich stelle mir irgendwie vor, dass ich mich auf ihn schmeiße, die Couch einstürzt und er sich winselnd unter seinem Schreibtisch verkriecht. Aber es könnte immerhin auch sein - und ich hoffe wirklich sehr, dass das so ist -, dass er einfach WEISS, dass er bei mir im Moment nicht tiefer bohren kann.


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 13:30 
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Hallo titus

Zitat:
Aber gerade in der Therapie ist es doch so, dass man sich antasten muss, oder? Und dem Patienten muss es doch auch möglich sein, zu sagen: "Nein, ich will nicht, dass du mir alles von dir zeigst.


Unbedingt! Da bin ich ganz deiner Meinung. Ich denke die eigene Geschichte bestimmt, wessen wir bedürfen. Und da re-inszenieren wir "automatisch" und in Phasen. Was "gestern" gut war, kann morgen nicht mehr richtig sein.
Einst warf ich meinem Thera Gefühlsprostitution vor und schwor mir meine Contenance nie zu verlieren.....Kein Mensch hat mich je zuvor bedürftig und schwach gesehen. Das war meine persönliche Aufgabe - nämmlich zu lernen, mich in meiner Verletzbarkeit zu zeigen. Und das mag bei einem andern Menschen gaaaanz anders sein. Ich weiss ja nicht, wie andere Menschen fühlen. Manchmal gibt es Parallelen - manchmal nicht.

Zitat:
Das, was du beschreibst, ist doch etwas sehr Ideales. Kinder sind noch so.


Ich weiss nicht, ob das etwas "Ideales" ist. Es beschreibt einfach nur, wie ich es erlebt habe. Ausserdem frage ich mich, ob wir in unseren Gefühlen so anders sind als die Kinder. Wir haben nur gelernt uns "anzupassen". Und da sind mir die KInder in ihrer "Echtheit" oft sehr viel symphatischer als die Erwachsenen.

und so ein Menschlein kommt jetzt dann bald zu mir - Wuselchen... :love: und bleibt bis morgen...

glG.
Timpe

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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 14:05 
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titus, sagst du ihm das? dass du manchml denkst er hat angst? und dass du diese angst mit der vorstellung in schach hälst, er wisse, was du aushälst und was nicht? ich mag mich irren: aber das erste scheint mir eine projektion zu sein. wahrscheinlich bist doch eher du diejenige, die angst hat, die das aber ein wenig beschämend findet und es deshalb in ihm unterbringt. und das zweite scheint mir eine idealisierung zu sein, mit der du deine projektion unsichtbar machst. er kann das nicht besser wissen als du, titus, was du aushälst und was nicht. er kann so was ahnen und dabei kann er sich irren. v.a. ist das auch deine veramtwortung, darauf zu schauen.

wenn es denn alles so ist, ein höchst interessanter schutzmechanismus. dürfte spannend sein den auseinander zu nehmen.


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 14:20 
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Ich hab ihm mal gesagt, dass ich Angst davor habe, ihn fertigzumachen mit meiner Art. Und dass ich fürchte, dass er sich nicht traut, mir gegenüber wirklich ganz offen und ungehemmt zu deuten, so ungefähr. Dass ich immer denke, dass er denkt (naja, das übliche, halt), dass ich so reagiere, dass er meine Reaktion nicht aushalten könnte. Also, sozusagen, dass er gerne was deuten würde, aber Angst hat, ich könnte dann anfangen, Theater zu machen (dabei bin ich alles andere als übermäßig aufbrausend, ich bin auch nicht suizidgefährdet o.ä.). Das fand er wohl interessant, aber ich hab an seiner Reaktion gesehen, dass das nicht zutrifft. Seine Antwort wirkte ehrlich und aufrichtig, als er meinte, ich müsse mir keine Sorgen darüber machen; er würde gut für sich sorgen, und ein Therapeut, der nicht gut für sich sorgt, habe seinen Beruf verfehlt. Er hat das später noch mal aufgegiffen, dass ich mir ja Sorgen mache, dass er sich nicht traut, mir die Wahrheit zu sagen, dass das aber unbegründet ist. Aber die Zweifel bleiben, irgendwie.

Vielleicht liegt es auch daran, dass er klein und zart ist und ich zwar auch klein bin ;), aber eben auch schwerer bin als er und dass ich wegen meines Übergewichts natürlich (?) Minderwertigkeitsgefühle habe und mir so plump und schwer, zu schwer für ihn, vorkomme - vielleicht wegen meines Wunsches, mich am liebsten auf seinen Schoß zu setzen :oops:

Meinst du nicht, ein Therapeut müsste so ungefähr wissen, was der Patient braucht und aushält? Stichwort (mein Lieblingsstichwort ;) ): Couch...


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BeitragVerfasst: So 5. Aug 2012, 14:41 
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titus, wenn die zweifel bleiben, dann liegt es vielleicht auch daran, dass ihr noch nicht alles freigelegt habt. du wirst es sicher nicht gerne hören, aber ichdenke, hinter dem, er hält es, er hält mich nicht aus, steckt noch ganz viele, auch abwertung seiner person, eine fürcherliche angst davor, dass du nicht auszuhalen, dass du böse bist....ich glaub, man muss diese ängste auch groß werden lassen, um sie ausbuchstabieren und dann hinter sich lassen zu können.

wegen der couch: nein, ich bin mir sicher, wenn er gut ist, wartet er darauf, dass du was sagst. sonst würde er dir ja die chance nehmen, zu sehen, was das mit dir macht, also dass, du den wunch hast, dass du dich aber auch für den wunsch schämst....und deshalb gebetn werden willst. nein, ich denke da ist viel zu viel analytische musik drin..... :D


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