Lebenslagen

Von Usern für User
Aktuelle Zeit: Do 25. Apr 2024, 17:55

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 46 Beiträge ]  Gehe zu Seite 1, 2  Nächste
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Es ist die Liebe die heilt...Teil 2
BeitragVerfasst: Sa 31. Aug 2013, 22:08 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Es ist die Liebe die heilt sagt „mein König“.


Vor einigen Jahren versuchte ich ein Buch über meine Therapie-Erfahrungen zu schreiben. Eine erste – stümperhaft formulierte Version habe ich fertig geschrieben. Die Überarbeitung kam dann aber in’s Stocken. Ich glaube, man muss ganz einfach seine Grenzen erkennen. Und ich habe sie erkannt. Mein Schreibstil lässt def. zu wünschen übrig. Mein Können reicht nicht aus. Nicht mal annähernd.

Heute hat die erste Version den Weg zu mir wiedergefunden. Ich habe sie immer wieder mal gesucht – aber nicht finden können. Ich hatte völlig vergessen, dass ich die Seiten mal jemandem zum lesen gegeben- und nicht zurückerhalten habe.

Als ich vor vier Jahren meinen ersten PC geschenkt bekommen habe, erkannte ich in den Berichten anderer Therapie-Patienten/Analysanden so viele Gemeinsamkeiten mit meinen eigenen Therapiedramen…

Aber in den Foren erlebt man immer nur Momente – vielleicht einige Jahre einer Therapie-Geschichte…dann verschwinden die User….und mit ihnen – ihre Geschichte.

Ohne meine Tagebucheintragungen wäre es mir nie möglich gewesen, diese zehn äusserst turbulenten Therapie-Jahre zu rekapitulieren/ zusammenzufassen.

Und damit diese Seiten nicht ganz ungenutzt in der Versenkung verschwinden, kommt ihr jetzt in den „Genuss“ ;) :floet: meines stümperhaften Geschreibsels….

Den Anfang habe ich ja mal vor einiger Zeit im Tagebuch-Bereich veröffentlicht.

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Sa 31. Aug 2013, 22:08 


Nach oben
  
 
BeitragVerfasst: Sa 31. Aug 2013, 22:20 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
TAGEBUCH: Juni 1999

Die Therapiestunden bei Herr W. und ebenso bei meiner Körperfrau sind anstrengend. Ich bin chronisch erschöpft und fühle mich unglaublich verletzbar. Wie ein Apfel ohne Schale. Die Erinnerungen sind gekommen- und der Selbstschutz - gegangen. Alles erreicht meine Seele ungebremst. Und immer noch kann ich nicht weinen. Mein Magen schmerzt. Vielleicht sind all die ungeweinten Tränen dort gestrandet. Ich möchte meine Augen schliessen und nichts mehr fühlen - nicht mehr sein.

******************************************************************************************************************

TAGEBUCH/ TRAUM

Ich erledige den Haushalt. Mit Schrecken fällt mir ein, dass ich mein Baby seit Tagen auf dem Hintersitz unseres Autos liegengelassen habe. Es hat nicht geschrien, obwohl es so lange hungern musste und auch die Windeln nicht gewechselt bekam. Ich eile zur Garage. Dort ist es bitterkalt. Das Baby hat sich unter eine Decke verkrochen. Voll Panik berühre ich das Bündel. Es fühlt sich kalt und leblos an. Ich nehme es auf den Arm und eine tiefe Trauer erfüllt mich. Auf einmal spüre ich Leben in meinen Händen. Das Baby lebt! Ich bin erleichtert. Ich bin so glücklich!

*******************************************************************************************************************

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Sa 31. Aug 2013, 22:33 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Inzwischen ist es Spätsommer geworden. Ich habe meine Arbeit gekündigt. Das Waschen all der- von übelriechenden Säften verklebten Körperöffnungen - macht mir zunehmend Mühe. Diese Arbeit erfordert Respekt und Behutsamkeit. Ich bin überfordert und verlasse "meine Leute" bevor ich nicht mehr gut sein kann zu ihnen.
Meine beiden "Helfer" gehen wieder in Urlaub. Schön gleichzeitig - versteht sich! Wenn ich daran denke, dann erfüllt mich ein Gefühl von erbärmlicher Kleinheit. Ich hasse diese Hilflosigkeit. Mit ihrem Weggehen verliere ich jede Sicherheit, schwebe im luftleeren Raum , erstarre vor Angst.......und schäme mich unsäglich für diese Gefühle. Noch nie in meinem Leben habe ich solches gespürt. Ich bin eine erwachsene Frau! Wo- oder wann in meiner Kindheit gab es ähnliche Gefühle? Es muss sie gegeben haben.....Menschen waren mal da - mal weg...sind gekommen und gegangen. Ich erinnere mich nicht.
Die Körperfrau erkennt meine Not und gibt mir ihre Ferientelefonnummer. Sie wird mich auch anrufen, mir schreiben, weil sie weiss, dass ich von ihrem Angebot kaum Gebrauch machen kann. Wenn ich weinen könnte, dann würde ich das jetzt aus Dankbarkeit tun.

Herrn W. drücke ich zum Abschied die Hand und wünsche ihm lächelnd schöne Ferien. Draussen vor der Praxis öffnet sich der Boden unter meinen Füssen und ich falle....falle....Welche Schmach....Ach, könnte ich doch wenigstens heulen.....Was ist nur aus mir geworden....

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 08:16 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Do 3. Nov 2011, 09:19
Beiträge: 4370
Geschlecht: w
Alter: 99
Timpe, ist es gestattet, etwas einzuflechten? Sonst kann das hier auch wieder gelöscht werden.

Ich möchte nur sagen, dass Dein Schreibstil ganz wunderbar ist! Anschaulich, bildhaft, emotional. Also, ich würde Dein Buch auch gedruckt gern lesen.


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 08:25 
Offline

Registriert: Do 22. Aug 2013, 13:23
Beiträge: 985
Geschlecht: W
Alter: 99
Diese Frage habe ich auch. Eben weil es so schön geschrieben ist..


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 09:38 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: So 2. Dez 2012, 09:22
Beiträge: 3115
Geschlecht: w
Alter: 41
mir gefällt dein schreibstil auch sehr :)


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 10:20 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
winkwink in die Runde...

Danke für eure Worte. :knuddel: Ich bleibe aber dabei: Für ein Buch wären meine Fähigkeiten nicht ausreichend.
Ich habe es eigentlich für meinen analytisch arbeitenden Psychotherapeuten- und meine Körpertherapeutin mit Zusatzausbildung / Psychologie geschrieben. So als Danke für ihre Arbeit - und auch um ihnen mal schwarz auf weiss - und aus der Sicht des Patienten - zu zeigen, was alles möglich wird/wurde dank ihrer Hilfe.

Bin am kochen. Gleich kommt Freundin...
Kalbshaxen mit Marronen u. Gemüse an Rotweinsauce
breite Nudeln
und versch. Gemüse..
mampf mampf...

euch einen schönen Sonntag
timpe

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 10:35 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: So 2. Dez 2012, 09:22
Beiträge: 3115
Geschlecht: w
Alter: 41
oh wie lecker....ich liebe maronen und rotweinsauce klingt auch toll
guten appetit :)


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 15:59 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Tagebuch September 1999
Wiederum sind meine beiden Helfer in den Ferien. Und wiederum schön gleichzeitig. Ich habe keine Lust mich diesen verdammten Verlassenheitsängsten auszuliefern. Läckäd mir doch all am Arsch!!!!


Tagebuch Ende Oktober 1999
Gestern war ich bei Herrn W.
Mein Gott - war das ein Trauerspiel. Ich habe ihn 20 lange Minuten angeschwiegen. Und er hat dieses Schweigen nicht gebrochen - hat nur manchmal still vor sich hingelächelt..Ich hätte ihn erwürgen können. Es war unerträglich. Ich glaube, das alles könnte noch richtig richtig schwierig werden.

Tagebuch 21.11.1999
Lieber Herr W.
Glauben sie eigentlich ich sei ein verhinderter Pit-Pull-Terrier oder ein verkappter Rottweiler? Ich fürchte, ich kann viel zu wenig Wut auf andere Menschen entwickeln - viel eher richtet sich diese Wut gegen mich selber. Es macht mich sauer, dass sie so von mir denken.

Tagebuch 28.11.1999
Lieber Herr W.
Diese Zeilen werden sie - genau wie die andern - nie zu lesen bekommen. Aber lassen sie mich auf diesem Wege ein wenig bei ihnen sein. Ich brauche das, weil es mir die Kraft gibt die brauche um das alles auszuhalten. Ich brauche jemanden der vorbehaltlos zu mir steht, der nicht an mir zweifelt und an mich glaubt, auch wenn mein Verhalten nicht gerade Anlass dazu gibt. Ich brauche einen Menschen der mich annimmt wie ich bin - unvollkommen. Ich bin so froh, dass es sie gibt.

Tagebuch 1.12.1999
Lieber Herr W.
Wenn - wie sie betonen - die Liebe den Menschen zu verändern vermag, so habe ich also zu wenig geliebt. Ansonsten wären die Menschen um mich herum gut geworden. Auch mein Vater und mein Grossvater????? Ist es also alles meine Schuld? Mein Innenleben ist durcheinander.....Bitte helfen sie mir das alles zu verstehen.

Tagebuch 8.12.1999
Heute war ich bei meiner Körperfrau. Sie ist ein wunderbarer Mensch. Mein Widerstand gegen meine Helfer beginnt zu bröseln.....Ich schliesse die beiden immer mehr in mein Herz.

Tagebuch 19.12.1999
Liebe Körperfrau. Haben sie bemerkt, dass ich mich zum ersten Mal von ihnen berühren lassen konnte? Es hat fast eineinhalb Jahre dazu gebraucht.

Tagebuch 22.12.1999
Lieber Herr W.
Haben sie bemerkt, dass ich heute zum ersten Mal von meinem Grossvater sprechen konnte ohne "wegzukippen“? Welch ein Erfolg. Mein Körper hat sich lange genug dieser wortlosen Sprache bedient. Ich will das nicht mehr. Schon wieder ist eine Therapiepause angesagt. Wäre doch Weihnachten schon vorbei. Ich habe mir diesmal beim Adieu-sagen erlaubt, kurz meine Hand auf die ihre zu legen. Ich mag sie sehr.

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 16:43 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Tagebuch 14.1.2000

Die hässliche Puppe mit ihrem stumm-schreienden offenen Mund und der abstossend grauen Hautfarbe ist verschwunden. Bis jetzt lag sie immer auf Herrn W.‘s Couche - den abscheulichen Kopf auf ein weisses Kissen gebettet. Ich erkenne, dass ich Teile meiner selbst in der Puppe finde und sie deshalb so heftig ablehnen muss. Ihr demonstratives Leiden stösst mich ab – erfüllt mich mit Widerwillen. Und – ich bin eifersüchtig, dass die Puppenfrau ihr verletztes „ich“ damit symbolisch dauerhaft in die Nähe von Herrn W. gebracht hat und darin sicher Trost finden kann. Jetzt ist die Puppe weg und die Frau tot. Sie hat sich umgebracht. Ich beneide sie brennend um ihre Ruhe. Was soll diese ganze Quälerei – nur um nach Jahren festzustellen, dass das Leben eine einzige lange Durchhalteübung war? Welchen Sinn soll das machen? Ich fürchte keinen. Ich trauere um die Puppenfrau. Es geht mir nicht gut. Und Herr W. kann mir auch nicht helfen. Er sitzt da wie eine weise Eule,- findet alles OK, alles habe seine Berechtigung, mache Sinn! Von wegen – ich erkenne keinen Sinn in meinem Leiden und auch nicht im Tod der Puppenfrau. Ich schreibe Herrn W. zum ersten Mal einen Brief – einen Brief, den ich nicht in’s Tagebuch hefte. Ich schicke ihn ab.
********************************************************************

Traum:

Ich muss ein Kind waschen. Es ist fürchterlich schmutzig. Ich sehe genauer hin und erkenne mit Schrecken, dass es Kot ist. Ich versuche den Dreck behutsam zu entfernen, aber es wird immer schlimmer. Das Kind tut mir leid. Ich sehe, dass es sich schämt, obwohl ihm nicht bewusst zu sein scheint, was ihm da auf der Haut klebt. Das Kind schaut mich grossen fragenden Augen an und ich erkläre ihm vorsichtig was Sache ist. In den Augen des Kindes sehe ich grossen Schmerz und eine tiefe Verletztheit. Es verkriecht sich wie ein verwundetes Tierchen.
***********************************************************************

Tagebuch 19.1.2000

Es geht mir nicht gut. Meine Körperfrau hat mich in ihre Arme genommen. Es hat sich gut angefühlt. So langsam kann ich mich wieder berühren lassen.


Brief an Herrn W. 21.1.2000
Lieber Herr W.
Schreiben können, schreiben dürfen – welch neue Quelle des “sich-mitteilens”. Ungeachtet ihrer Ermutigung von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu dürfen plagt mich die Vorstellung es könne eine Zumutung für sie sein mein Geschreibsel zu lesen. Seit mehr als zwei Jahren versuche ich zu reden. Aber es ist so unendlich schwierig. Ich bin darin so ungeübt und unfähig meine Gedanken in Worte zu fassen und nach Aussen zu bringen. Wenn ich ihnen gegenüber sitze, dann ist in meinem Kopf ein Gefühl von Leere und ich schäme mich meiner Sprachlosigkeit. Besonders schwierig sind die Phasen des gegenseitigen Schweigens auszuhalten. Was denken sie in solchen Momenten? Ich hätte so viel zu fragen. Und ich bin froh, dass sie mir helfen Antworten zu finden oder die Fragen auszuhalten, wenn es keine Antwort darauf gibt.
Es grüsst sie herzlich
Ihre Frau S.

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 17:27 
Offline

Registriert: Do 22. Aug 2013, 13:23
Beiträge: 985
Geschlecht: W
Alter: 99
Liebe, wenn ich dich so lese, fällt mir nur eines ein: ES IST DER WAHN. Durch dein Schreiben, kann ich meinen Analysewahn noch mal so richtig fühlen. Irgendwo schüren Analytikers den. Seltsamer Weise hilft es, an diesen Wahn zu kommen und damit zu arbeiten. Seltsam, seltsam und doch geh ich Morgen wieder hin, gerne. Danke für dein Mit-Teilen!


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 18:50 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Hallo sophila

Zitat:
ES IST DER WAHN.


Ja - irgendwie schon...Und auch nicht ganz ungefährlich. Aber ich hatte keine Wahl. Es ging um's überleben. Hätte ich einen andern Weg gewusst, dann wäre ich so schnell weg gewesen wie Speedy Gonzales..... ;)

einen schönen Abend wünsch ich dir
timpe

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: So 1. Sep 2013, 18:52 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Tagebuch 31.1.2000
Es geht mir sehr schlecht. Das Leben ist soooo anstrengend.

Tagebuch 5.2.200
Es geht mir immer noch miserabel. Ich soll in die Klinik.

Brief an Herrn W. 17.2.2000
Lieber Herr W.
Nun bin ich schon eine ganze Woche hier auf der geschlossenen Abteilung. Im Moment fühle ich mich hier sicherer als zu Hause. Daheim kriechen die Erinnerungen aus allen Ritzen. Es ist kein gutes Gefühl im Hause meiner Kindheit zu leben. Ich weiss nicht, was ich tun soll. Meine Gedanken drehen sich im Kreise….unaufhörlich….Ich gehe den Gang auf- und ab……schlurfe im Gleichschritt mit meinen Mitpatienten – möchte keiner von ihnen sein – und bin es doch. Das Herumgeschlurfe hat die Funktion eines Überdruckventils, soll die gewünschte Erleichterung bringen - tut es aber leider nicht. Die Welt draussen hat aufgehört zu existieren, verloren drinnen – verloren draussen. Meine Geduld wird arg strapaziert. Ich kann nicht mehr daran glauben, dass ich jemals wieder ein ganz normales Leben leben kann.
Danke für ihre Hilfe und ihr “da-sein”.
Ganz herzliche Grüsse
Frau S.

*****************************************************************************************************
Traum:
Ich befinde mich in einer mir unbekannten Wohung. In einem der hinteren Zimmer liegt ein alter Mann in einem Bett. Er ist tot. Ich bin deswegen nicht beunruhigt, eher erleichtert. Ich verlasse das Zimmer. Im Korridor stehen ganz viele Menschen die zuvor nicht da waren. Ich erzähle ihnen von dem Toten. Alle wollen den Mann sehen. Ich folge der Menschenmenge und sehe voll Schrecken wie der Tote sich erhebt und das Bett verlässt. Auf dem Bett liegt an seiner Stelle eine junge Frau. Auch sie ist tot. Ich will in Panik fliehen, aber alle Türen und Fenster sind verriegelt. Die Menschen sind alle verschwunden. Ich bin alleine mit der lebenden Leiche und der toten Frau auf dem Bett.
********************************************************************************************************

Tagebuch 27.2.2000
Es ist fünf Uhr in der Früh. Ich sitze im Raucherzimmer und spüre wie die dunkle Wolke mich fest umklammert hält, sich nicht lichten will. Zwei weitere schlaflose Nachtgestalten haben sich im Laufe der letzten Stunde zu mir gesellt, jeder mit sich selber- mit seinen eigenen inneren Dämonen beschäftigt. Unmerklich verabschiedet sich die Nacht und das Tageslicht dominiert die künstliche Beleuchtung. Meine beiden “Mit-Nacht-Gestalten” haben sich in ihre Zimmer zurückgezogen. Der Unruhige mit hastigen Schritten, getrieben von jener qualvollen Unruhe, die auch mir so vertraut ist. Der Andere schlurfend, im Zeitlupentempo – marionettenhaft. Endlich kann ich “meine” Musik hören….

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Mo 2. Sep 2013, 12:45 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Tagebuch: 8.3.2000

Seit heute bin ich hier auf der offenen Station und musste gleich am ersten Tag an einem gemeinsamen Ausflug teilnehmen. Bin total K.O. Ich werde die Ärztin der geschlossenen Abteilung vermissen. Sie war eine ausnehmend gute Therapeutin – ein guter Mensch. Ansonsten bin ich sehr froh hier zu sein.


Tagebuch 27.3.2000

Nun bin ich schon fast zwei Monate in der Klinik. Herr W. hat sich in all den Wochen nicht ein einziges Mal bei mir gemeldet und auch meine Briefe nicht beantwortet. Ich bin tief enttäuscht – mehr noch – ich leide! Sein Schweigen weckt in mir Gefühle, die ich so noch nie gefühlt habe. Ich – die ich immer so stolz auf meine Toleranz war – darauf, dass ich allen Menschen um mich herum (fast) jede Freiheit einräumte, die nie etwas erwartete – ich wünschte mir inniglich ein Zeichen des „an-mich-denkens“ von Herrn W. Es bleibt aus.
Kindliche Gefühle von „nicht-geliebt-werden“ von „unwichtig-sein“ erfassen meine Seele und stürzen mich in tiefste Verzweiflung. Ich fühle mich gedemütigt, schäme mich unendlich dafür und versuche diese Gefühle zu verbergen. Meine Ärztin sieht meine Verzweiflung und gepeinigt von Scham – erzähle ich ihr meinen Kummer. Auf ihren Rat hin schreibe ich Herrn W. einen Brief. Und – er antwortet. Ich verdränge die Tatsache, dass ich mir diesen Brief „erbetteln“ musste und trage ihn wie ein Kind tagelang mit mir herum.


Tagebuch 14. 5. 2000

Seit zwei Wochen bin ich wieder zu Hause. Ich muss viel organisieren. Meine beiden Kinder kommen wieder nach Hause. Die Ältere beginnt nochmals eine Ausbildung. Die Jüngere hat ihre engste Freundin mit der sie eine Wohnung teilt – durch Selbstmord verloren. Wir werden die Wohnung die wir erst vor wenigen Wochen mit so viel Freude zusammen eingerichtet haben wieder räumen müssen….Ach – es ist so furchtbar traurig. Ich lebe in einem Gefühl von Traum….einem Traum von dem ich immer denke, dass ich gleich erwachen werde. Aber ich erwache nicht. Der Traum ist Wirklichkeit! Es geschah anlässlich eines Besuches bei ihrem Vater….einige hundert Kilometer von ihrem Wohnort entfernt. Armes trauriges Mädchen….und - mein armes Kind…

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Mo 2. Sep 2013, 16:41 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Do 3. Nov 2011, 09:19
Beiträge: 4370
Geschlecht: w
Alter: 99
Zitat:
Die Jüngere hat ihre engste Freundin mit der sie eine Wohnung teilt – durch Selbstmord verloren. Wir werden die Wohnung die wir erst vor wenigen Wochen mit so viel Freude zusammen eingerichtet haben wieder räumen müssen….Ach – es ist so furchtbar
Ach Timpe, mir schmerzt mein Herz, wenn ich diese Zeilen lese ... so dahingeflossen und so bedeutsam ... was der Mensch alles so "nebenbei" erträgt ...


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Mo 2. Sep 2013, 18:57 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Liebe Yvette

Ja - das war nicht einfach damals. Aber in solchen Momenten verschwinden alle eigenen Probleme in den Hintergrund und man versucht verzweifelt einen Weg zu finden um ein annähernd normales Leben zu leben, zu helfen und zu trösten. Das Mädchen ist in Heimen gross geworden - hatte ein sooo schwieriges Leben. Und wir hofften alle, dass sie es jetzt geschafft hat und ein besseres Leben leben kann.....Es war schlimm- ganz ganz schlimm. Vor allem für meine Tochter die sich schuldig fühlte obwohl es dafür keinen Anlass gab.
Ich habe es nach anfänglichen grossen Schwierigkeit sehr schnell geschafft, meine Kinder nicht zu sehr mit meinen Problemen zu belasten. Sie waren ja zum Glück schon erwachsen, als es mich "erwischte"...und darum konnten wir vieles gut bereden. Dafür bin ich den Göttern noch heute dankbar. Es hätte auch anders kommen können.

Ich wünsche dir eine gute Woche! :knuddel:
timpe

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Mo 2. Sep 2013, 18:58 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Tagebuch 15.5.2000

Die Therapiestunden bei Herrn W. sind unerfreulich. Der lange Unterbruch und die Verzweiflung ob seinem Schweigen während meines Klinikaufenthaltes haben zur Folge, dass ich gar keine Nähe mehr zulassen kann. Zu Hause male ich mir mein Zerrissenheit – Nähe zulassen wollen – es aber nicht zu können – von der Seele. Ich lese mein Tagebuch vom Anfang bis zum heutigen Tag und erkenne, dass meine Befindlichkeit immer mehr von meiner Beziehung zu Herrn W. beeinflusst wird. Meine Lebensgeschichte verschmilzt auf eigenartige Weise mit seiner Person. Selbst wenn ich dies erkennen kann – schützt mich das nicht vor meinen Gefühlen. Diese beginnen ein Eigenleben zu führen. Die Kindheit vermischt sich mit dem Hier- und Heute. Meine innere Abwehr im Bezug zu Herrn W. nimmt immer mehr ab, die Äussere zu. Je mehr ich ihn mag, desto dicker werden die Mauern, die ich zu meinem Schutze bauen muss. Hinter diesen Mauern lauert die selbstgemachte Einsamkeit. Am liebsten würde ich davonrennen. Aber zum rennen bin ich zu schlapp – und die Vergangenheit klebt an mir wie Pech…die würde mir auf dem Schritt folgen. Und immer noch – keine Träne…keine einzige winzige Träne…..


Tagebuch 16.6.2000

Herrn W. ist von seinen Ferien zurück. Therapeuten sind entweder komische Heilige oder veredelte Masochisten. Wie ertragen sie uns nur – tagein- tagaus?



Auszug aus einem Brief an Herrn W. 23.7.2000

Ich bin nicht unruhig diesmal – ich bin ruhig - zu ruhig. Alles ist still, ganz still, ganz leise. Die Verzweiflung ist ohne Worte – wortlos. Die Tränen wollen nicht fliessen, stecken im Hals, dass es weh tut. Ich kann sie nicht mehr spüren – keine Verbindung, Verbindung abgebrochen, Neutralität. Patientin unmöglich, anstrengend, unfreundlich, ja hässlich….Tut mir leid – wirklich! Haben sie Mitleid mit einer Verwirrten, sie bemüht sich…Sie ist ungeschickt, unbeholfen, garstig – aber sie bemüht sich.

***************************************************************************************************************************
TRAUM:
Ich befinde mich am Flughafen. Neben mir sitzt meine Tochter. Wir warten auf unser Flugzeug. Ich spüre, dass ich auf dieser Reise überfordert bin mit dem Kind an meiner Seite. Da sehe ich Herrn W. in unmittelbarer Nähe auf einer Bank sitzen. Unsere Blicke begegnen sich und ich schubse das Kind ganz sachte in seine Richtung. Es bleibt vor ihm stehen und ich sehe, wie Herr W. sachte und mit unendlicher Zärtlichkeit seine Hand auf den Kopf des Kindes legt. Es sieht aus, als wolle er dem Kind seinen Segen geben. (Für einmal erwache ich nicht in Panik und Angst, sondern fühle mich getröstet)
*****************************************************************************************************************************

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Di 3. Sep 2013, 06:05 
Offline

Registriert: Do 22. Aug 2013, 13:23
Beiträge: 985
Geschlecht: W
Alter: 99
Liebe Timpe,
so mal vor mich hingedacht: in deinen Zeilen spüre ich die Abwesenheit, das Nicht-Dasein von Herrn W. Das kenne ich, erlebe ich im Moment ja selbst. Da nützt nicht, sich zu sagen, er ist da, nur sitzt er halt nicht gegenüber. Das was du "heilende Liebe" nennst, wo hat die sich hinverflüchtigt?


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Di 3. Sep 2013, 21:21 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Liebe sophila

Wie du ja lesen kannst sind mir deine Gedanken sehr vertraut. Aber ich würde meine Geschichte hier nicht aufschreiben, wenn es sich nicht verändert hätte. Ich kann nur von mir sprechen – und da war eindeutig ich die, die keine Nähe zulassen konnte – nicht Herr W. Und wenn am Ende meiner Geschichte nur ein einziger Mensch wieder etwas mehr Mut fasst diese Schwierigkeiten auszuhalten/ durchzuhalten – dann bin ich zufrieden.

Ich wünsche dir eine gute Nacht
timpe

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Di 3. Sep 2013, 21:22 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Tagebuch 27.9.2000
Ich bin so böse zu Herrn. W., voll Ablehnung und Trotz.

Tagebuch 8.10.2000
Ich bin bockig bei Herrn W., einfach unmöglich! Er tut mir leid. Diese 50 Minuten müssen sehr unangenehm für ihn sein. Er ist der geduldigste Mensch den ich kenne. Aber vielleicht bin ich ihm einfach egal. Nach den Therapiestunden geht es mir jeweils miserabel – richtig elend!

Tagebuch 16.11.2000
In Gedanken umarme ich sie – liebe Körperfrau – für ihr da-sein am vergangenen Mittwoch. Dafür, dass sie mir zuhören, mich aushalten….. Was täte ich ohne sie? Ich glaube, ich würde zugrunde gehen.

Tagebuch 20.11.2000
Männer sind wie Sterne, fern- unerreichbar! Sie glänzen zwar, aber sie sind bloss leuchtende Trugbilder. Sie sind Gott-verdammte unwirtliche Scheiss-Wandel-Planeten an denen man sich (nicht nur) die Hände verbrennt. Herr W. gehört auch zu denen – ich bin ihm doch gleichgültig. Ich hasse sie alle…..

Auszug aus einem Brief an Herrn W. 15.12.2000
Es tut mir leid, dass ich bin – wie ich im Moment eben bin. Sie verschwenden ihre Zeit an eine Unwürdige. Manchmal berührt mich ihre Güte, ihre Geduld und ich versuche dieses gute Gefühl in meinem Herzen zu halten. Aber schon vor der Praxis zerpflücke ich dieses in seine Einzelteile um es dann schrittweise zu zerstören. Ich hasse mich dafür!

Tagebuch 3.1.2001
Weihnachten ist vorbei. Gott sei’s gedankt! Ich habe eine Entscheidung getroffen, ganz für mich alleine und ohne dies alles mit meinen „Helfern“ besprochen zu haben. Ich verlasse meinen Mann, meine Kinder (sie sind erwachsen) und mein Haus. Nach fast einem Vierteljahrhundert gehe ich weg- weg aus dem Hause meiner Kindheit in welches ich als junge Frau aus (mir jetzt nicht mehr) unerfindlichen Gründen zurückgekehrt bin. Per ende März beziehe ich eine kleine 2-Zimmerwohnung in der Nachbarsgemeinde. Die grosse Terrasse erleichtert mir den Abschied von meinem Garten, meinem kleinen Paradies mit den selbstangelegten Teichen, der wild blühenden Clematis die mich jedes Frühjahr mit hunderten von rosa Blütensternen beschenkt hat, und und und…….Gestern habe ich meinem Mann meine Entscheidung mitgeteilt. Sein Schmerz zu sehen war furchtbar- ganz furchtbar. Es gehört zu meinen schlimmsten Erfahrungen. Ich wollte doch nie einem Menschen so weh tun, und nun tu ich es doch. Es hat mir fast das Herz auseinandergerissen. Aber ich kann so nicht mehr weiterleben. Ich würde nicht nur mich – auch ihn betrügen.

Tagebuch 6.2.2001
Meine beiden Kinder sitzen auf ihrem Bett, die Köpfe über einen Versand-Katalog gebeugt. Ich höre ihre Stimmen, leise diskutierend. Zwei Frauen, zwei Schwestern – vertraute Zweisamkeit. Unendliche Trauer überfällt mich. Dieses Bild – so zufällig entstanden – ich werde es so nie mehr sehen können. Vorbei – etwas ist endgültig vorbei , zu Ende. Abgrundtiefer Schmerz – ohne Tränen…ich ersticke fast…..

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Mi 4. Sep 2013, 09:48 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Do 3. Nov 2011, 09:19
Beiträge: 4370
Geschlecht: w
Alter: 99
Liebe Timpe,

danke für das Einstellen dieses so persönlichen Erlebens. Ich lese immer mit ...

:wink:


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Mi 4. Sep 2013, 14:12 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
:knuddel:
wir sind ja so langsam ganz "unter uns"......und bis jetzt habe ich das alles erst auf dem Papier gehabt. Jetzt auch auf dem PC.... ;)
*winkwinkwink*

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Mi 4. Sep 2013, 17:41 
Offline

Registriert: Do 22. Aug 2013, 13:23
Beiträge: 985
Geschlecht: W
Alter: 99
Weißt du, liebe Timpe, ich kann deinen Bericht so was von nachfühlen, er ist so ähnlich und doch so ganz und gar anders. Manchmal muss ich (fast schon unanständig) grinsen, z. B. bei der Bockigkeit, und ich habe es doch genau so gemacht und es war angenehm zu spüren, dass sie sich ärgert - oder vielleicht wars nur eine Hoffnung, dass ich sie so erreiche?

Auch von mir ein herzliches Dankeschön!

Und da wir ja "unter uns" sind: du hast eine ähnlich sortierende und in mir Ruhe erzeugende Wirkung wie meine Analytikerin.

Ganz liebe Grüße


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Do 5. Sep 2013, 23:35 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
LIebe sophila

Zitat:
er ist so ähnlich und doch so ganz und gar anders.

Genau! :)

Zitat:
Und da wir ja "unter uns" sind: du hast eine ähnlich sortierende und in mir Ruhe erzeugende Wirkung wie meine Analytikerin.

Das freut mich sophila... :)

:wink:
timpe

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
BeitragVerfasst: Do 5. Sep 2013, 23:37 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mo 7. Nov 2011, 20:40
Beiträge: 2489
Wohnort: in der Nähe von Zürich
Geschlecht: w
Alter: 60
Tagebuch 4.3.2001
Seit gestern wohne ich hier in meiner kleinen Wohnung. Zum ersten Mal in meinem Leben wohne ich ganz alleine. Es macht mir keine Angst. Ich fühle mich erleichtert und befreit von all den beklemmenden Erinnerungen meiner Kindheit. Auch die anfallenden Arbeiten in- und um das Haus haben mich in den vergangenen Jahren immer mehr überfordert. Es ist gut so.

Tagebuch 29.3.2001
Die äusseren Veränderungen in meinem Leben haben meine innere Problematik kurzfristig in den Hintergrund verdrängt. Jetzt ist sie wieder zurück und ich bin froh, mich nicht mehr verstellen zu müssen. Hier darf ich sein wie ich mich fühle. Herr W. ist oft abwesend. Logisch. Jetzt, wo sich bei mir so viel verändert hat und ich froh wäre um sein „da-sein“ – ist er meist weg. Männer sind wie Taschentücher – wenn man sie braucht sind sie ausser Reichweite.

Tagebuch 24.4.2001
Seit der räumlichen Trennung von meinem Mann gelingt es mir in der Therapie ein klein wenig besser Nähe zuzulassen. Noch immer bin zeitweilig verletzend, aber ich rücke meinen Stuhl etwas mehr in seine Nähe. Der Abstand zwischen uns beträgt jetzt „nur“ noch etwa drei Meter. Einen Meter habe ich geschafft – und dazu fast drei Jahre gebraucht. Ich spüre zur Zeit manchmal das Bedürfnis ihm näher zu sein.. Das ist recht verwirrend. Ich sehne mich nach Nähe und ertrage sie nicht.

Tagebuch 15.6.2001
Fühle mich weiterhin zerrissen, wünsche mir Nähe und kann sie nicht zulassen. Ich hasse mich dafür. Noch immer lebe ich ein Leben jenseits der Tränen….

**************************************************************************************
Traum:
Ich befinde mich in einer Menschenmenge. Wir feiern ein Fest. Ich sehe, wie eine Frau zusammenbricht, eile hin und spreche beruhigend auf sie ein. Sie erholt sich schnell und ich bin erleichtert, sie aufstehen zu sehen. Sie dankt mir herzlich für die Hilfe. Ich verlasse das Fest. Es gibt keine Strasse, ich muss in einem breiten Fluss nach Hause schwimmen. Vor einem Haus steht die Frau der ich geholfen habe und sie winkt mir zu. Die Gegend wird immer einsamer, die Ufer sind unbewohnt. Ein grosser Seitenstrom mündet in meinen Fluss. Im seichten Wasser der Lagune räkelt sich ein eigenartiges Wesen – halb Schlange- halb Mann. Ein ungutes Gefühl beschleicht mich bei seinem Anblick. Nach einer Weile drehe ich mich um und sehe, dass er mir folgt. Ich schwimme schneller. Vor mir verschwindet der Fluss in einem Berg. Ich schwimme um mein Leben. Es wird immer dunkler und dunkler. Hinter mir höre ich die Schwimmbewegungen des Schlangen-Mannes. Er kommt immer näher.
*************************************************************************************

Tagebuch 21.9.2001
Seit zwei Wochen bin wieder hier in der Klinik auf Station 3B. Ich hatte einen fürchterlichen Streit mit meinen Eltern. Vor allem meine Mutter spielte dabei eine ganz unschöne Rolle. Es ist erstaunlich, welche Macht Ängste aus der Kindheit noch haben können. Eine Macht, die ich diesen Menschen nicht mehr geben will. Ich breche den Kontakt zu ihnen nach einem unerfreulichen, fruchtlosen Briefwechsel ab.

***************************
Traum:
Ich befinde mich in einem kellerähnlichen Raum. Auf einer Karre liegt ein totes Kind. Niemand darf es sehen und ich decke es mit ganz vielen Tüchern zu. Ich will den Raum verlassen, da höre ich das tote Kind nach mir rufen. Es will nicht zurückbleiben. Auf der Strasse schiebe ich die deckenbeladene Karre angstvoll vor mir her. Ich befürchte nach deren Inhalt angesprochen zu werden. Prompt passiert was ich befürchtet habe und ich hebe voll Panik die Tücher etwas an. Das vermeintlich tote Kind lebt! Es sieht bleich und hinfällig aus – aber es lebt! Mir ist bewusst, dass ich ganz viel Sorge zu diesem Kind werde tragen müssen. Auch meine Eltern sehen, dass das Kind am Leben ist und erschrecken sich ganz gewaltig.
*********************************************

_________________
Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


Nach oben
 Profil Position des Users auf der Mitgliederkarte  
Mit Zitat antworten  
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 46 Beiträge ]  Gehe zu Seite 1, 2  Nächste

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Wer ist online?

0 Mitglieder


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron




Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Erde, Liebe, Rap, NES, Bild

Impressum | Datenschutz