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 Betreff des Beitrags: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Fr 2. Mär 2012, 12:04 
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Wie beeinflussen diese Euer Leben?

Ich habe festgestellt, bei mir hatten sie eine ungeheure Wirkung, zogen sich teilweise als Hintergrund sogar durch Bereiche, in denen ich sie überhaupt nicht vermutet hätte. Scham und Schuld - vermischten sich und hatten eine geradezu toxische Wirkung.

Das betraf den Kontakt zum anderen Geschlecht ebenso wie meine Mutterschaft und wie ich mich in Schulzeit und Ausbildung wahrnahm und auch das Arbeitsleben - unglaublich! Ich glaube, da ich schon in jüngstem Alter damit zu kämpfen hatte, ich habe diese Neigung zu immensen Schamgefühlen von meiner Mutter übernommen ...

Dieses Thema beschäftigt mich schon seit Jahren immer mal wieder und erst ganz allmählich merke ich, wie ich davon freier werden kann.


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Fr 2. Mär 2012, 12:04 


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Fr 2. Mär 2012, 13:00 
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Hallo Yvette,

also mir war bevor ich meinen Freund kennenlernte so ziemlich alles peinlich
in der Öffentlichkeit. Vor allem Gespräche.
Meine ständige Ermahnung ihm gegenüber ist bei uns schon zu einem
geflügelten Wort geworden : "NICHT im Treppenhaus!" :tsts:

Ich denke, dass kommt daher, dass meine Mutter mit mir in der
Öffentlichkeit (Wartezimmer, Fahrstühle, Treppenhäuser)
immer geflüstert hat.

Mein Freund steuert nun extra dagegen, und ich lerne, es auszuhalten.
:rotfl: :love:
Das ist ganz gut, weil wie unwichtig ist ein mitgehörtes Gespräch
wenn man es mit dem Universum ins Verhältnis setzt.

Und ich fühle mich auch freier und selbstbestimmter.
Als würde ich mich mehr behaupten können.
Als müsste ich mich für mich nicht mehr schämen.

Lg Bounce

_________________
Alles ist möglich


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Fr 2. Mär 2012, 13:09 
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Hallo Bounce!

Danke für Deine Rückmeldung.

Ja, dieses Sich-für-andere-Schämen war bei mir auch ausgeprägt - reichte ja nicht, für sich selbst ... Irgendwann habe ich mich sogar für den Nachrichtensprecher geschämt, wenn er sich versprach!

Als erstes erinnere ich mich, dass ich für das Verhalten meines Vaters in den Boden versinken wollte. Was ich überhaupt nicht abkonnte, war, wenn er einen Schwipps hatte! Bah, wie peinlich, Albernheit bei Erwachsenen! Ich glaube, ich war damals so drei, vier Jahre alt ... fand es auch später immer noch extrem blöd, wenn Leute sich veränderten unter Alkoholeinwirkung, heute kann ich das eher ab, wenns nicht zu dicke kommt; wohl weil ich es besser verstehe, was da passiert.

Ich hörte als ganz kleines Kind schon häufig: "Schäm dich!", das weiß ich noch. Damals galt das als normale Erziehungsmethode, furchtbar!

Schlimmer wurde es in der Schule, da kamen die ersten Bloßstellungen. Kritik vor allen anderen, die hasse ich heute noch: :oops: In manchen Fächern hochgelobt, in anderen ein Versager, ganz normal eigentlich, aber Klein-Yve lernte immer besser, sich zu schämen für sich selbst.

Nägelbeißen war mein Ventil.

Fortan war die Scham mehr oder weniger mein ständiger Begleiter.

Aber schön, es doch überwinden zu können, gell?

LG Yve


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Fr 2. Mär 2012, 15:50 
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Schamgefühl -in dem Sinne- hatte ich eigentlich "nie".
Es gibt vlt. 2-3 Sachen, wo ich mal "ertappt" worden bin (Nasenbohren, onanieren usw.), da überkommt mich heute, 20-30 Jahre später noch immer der Grusel (vor allem die Sache mit dem Nasenbohren; da ich nicht mehr weiß, wer mich ertappte).
Lustigerweise ist das "geblieben".

Als "Kind/Jugendlicher" -ich schrieb es anderorts schon- habe ich mich für meinen Vater geschämt, weil es gewisse Dinge gab, die er sich und anderen gegenüber nicht eingestehen konnte; z.b. als er alkoholisiert einen VU baute.

Im Bereich Sexualität habe ich mich -nachdem ich in einem Erzkonservativen Haus aufgewachsen bin- eigentlich recht früh "befreit" und war da meiner Zeit weit voraus.
Also das -was man so den Medien entnimmt und mittlerweile Usus bei den Jugendlichen ist, war damals ein Novum, teilweise sogar Tabu (Oral, Anal usw.)
Komischerweise, war ich da immer offen, obwohl ich eigentlich ein sehr, sehr verschlossener Mensch bin.

Ansonsten; nachdem ich dann als Tween damit groß geworden bin, habe ich z.b. kein Problem vor 2 oder 600 Leuten zu reden, Gruppenleiter zu sein oder ähnliches - also da habe ich keine Scham/Lampenfieber.

Das, wo ich mich heute "schäme", daß ist wohl das, was man als Fremdschämen bezeichnet (ein fürchterliches Wort), das sind dann so Dinge, wie z.b. ein Gottschalk, der seine TalkGäste angrabbelt, oder DSDS, wenn sie den 17 Jährigen zwischen die Beine/auf den Busen filmen, und mehr und mehr was anderes in den Vordergrund kommt, während singen hinten ansteht, oder aber auch, wenn sich "Bekannte/Freunde" -wenn sie beschwippst/betrunken" sind, daneben benehmen (anlassig werden ode andere "Denkmuster" zum Vorschein kommen (die ich tw. selber nicht kannte))

Ich denke, daß meine "Offenheit" vlt. Teil "meines" Problems ist aka eigentlich Fassae/Maskerade, denn lustigerweise, je offener ich bin, desto verschlossener bin ich eigentlich; Sprich - wenn ich da Hauptaugenmerk "auf das und das lenke", dann lenkt das von mir/meinem Inneren ab.
Beispiel: Eben dadurch das ich so offen bin, merkt kaum einer, das ich eigentlich unnahbar bin/mich eigentlich keiner berühren darf - und es kaum auch keiner auf die Idee, mich dann in diesen Momenten "zu herzen"/zu umarmen usw..
Da dann aber von "Scham" zu sprechen, wäre das falsche Wort, eher passend "peinlich".
Diejenigen (die es wissen müssen), die wissen, was sie am besten bei mir ignorieren, bzw. genau die richtige Dosis plazieren - ohne mich in Verlegenheit zu bringen


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Fr 2. Mär 2012, 16:17 
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Ganter, wir bauen alle unsere Mäuerchen. Warum? Immer wohl, um unangenehme Gefühle zu vermeiden. Vermeintliche Offenheit ist eine Super-Maske, eine echte Mimikri, hinter der man unsichtbar bleiben kann.

Was unterscheidet Scham von Peinlichkeit? Ich meine, dass das Gefühl der Peinlichkeit nur ein Teil der Scham ist. Scham setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen, vor allem hat sie viel mit Identifikation zu tun. Deshalb fällt es uns oft besonders bei einem Familienmitglied auf, dass wir uns für dieses genieren: Wir identifizieren uns ein Stück weit mit ihm, mehr als mit nicht Blutsverwandten.

Scham ist eine ziemlich gemeine Mischung aus extremen Gefühlen (Nacktheit, Peinlichkeit, Ertapptsein, Angst vor Ablehnung, Schuld ...) Und es braucht einen gesellschaftlichen Konsens, über was man sich "zu schämen hat", die Gründe unterscheiden sich total nach der jeweiligen Kulturform! Daran zeigt sich, dass Scham etwas ausgesprochen Subjektives und doch Kollektives ist. Schon eine interessante Sache ...


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Fr 2. Mär 2012, 16:39 
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die frage nach dem unterschied zwischen scham und peinlichkeit ist, glaub ich, wesentlich. peinlichkeit scheint mir eher eine reaktion auf einen verstoß gegen gesellschaftliche konventionen darzustellen, ist also je nach permissivität der gesellschaft und der verbindlichkeit der in den köpfen ankommenden normen was ziemlich normales. scham geht da lichtjahre drüber hinaus. was die scham so brennend macht, ist, denke ich, dass sie in uns einen widerhall findet, dass wir uns selber eigentlich ganz fürcherlich ablehnen und das dann auf andere projiziren. und da sich niemand so gründlich, gandenlos, vernichtend und rechte absprechend verurteilen kann, wie wir uns selber, ist das alles noch mal 5 nummern schlimmer als alles, was von außen kommen könnte. bei mir zumindest war das so. von daher, nichts befreiender als all diesen scheiß langsam hinter sich zu lassen, zu merken, wie ich mir selber ein recht auf leben und nicht perfekt sein geben kann, das mir niemand wegnehmen kann..


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Fr 2. Mär 2012, 17:20 
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Zitat:
was die scham so brennend macht, ist, denke ich, dass sie in uns einen widerhall findet, dass wir uns selber eigentlich ganz fürcherlich ablehnen und das dann auf andere projiziren. und da sich niemand so gründlich, gandenlos, vernichtend und rechte absprechend verurteilen kann, wie wir uns selber, ist das alles noch mal 5 nummern schlimmer als alles, was von außen kommen könnte.
Stimmt genau, Neco - sehr gut definiert!


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: So 4. Mär 2012, 22:16 
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Yvette hat geschrieben:
Ich habe festgestellt, bei mir hatten sie eine ungeheure Wirkung, zogen sich teilweise als Hintergrund sogar durch Bereiche, in denen ich sie überhaupt nicht vermutet hätte. Scham und Schuld - vermischten sich und hatten eine geradezu toxische Wirkung


Schamgefühle oder sich schämen ist ein gutes Thema, da bin ich ja nicht mal in meiner Therapie drauf
gekommen.
Normalerweise würde ich dass jetzt auf Sexualität oder Nackheit beziehen, aber bei mir liegt das
irgendwo anders.
Eher überhaupt auf das Äußern von Gefühlen, ich bin so aufgewachsen in den 60ziger Jahren mit mehren
Geschwistern und das Äußern von Gefühlen gab es in meiner Familie garnicht, das durfte irgendwie nicht sein,
das war meiner Mutter zu viel, sie hatte wohl damals schon ihre Wahnvorstellungen.
Wenn irgensetwas war mit uns Kindern waren wir entweder selber schuld oder es war nicht so schlimm
für uns in ihren Augen, einfach unwichtig.Das zieht sich natürlich wie eine toxische Wirkung durch das
ganze Leben.

_________________
Wir werden nicht immer älter, sondern wir bleiben immer länger jung.http://www.horx.com/MedienHighlights/BestLife_2004-12.pdf


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: So 4. Mär 2012, 22:35 
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oh ja, florentine, genau die selben sprüche kenne ich auch von meiner mutter, nchmal noch garniert mit "die kinder in afrika..., was sollen die denn sagen"...


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: So 4. Mär 2012, 22:56 
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Zitat:
das Äußern von Gefühlen gab es in meiner Familie garnicht, das durfte irgendwie nicht sein,
Genau, Florentine - ein wichtiger Punkt! So war es bei uns auch, keine Gefühle, leise weinen war höchstens drin. Und schämen durfte man sich, musste man sich sogar. ("Schäm dich doch!")


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Mo 7. Mai 2012, 11:42 
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Aus aktuellem Anlass: Schiiiieeeb ... :D


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 7. Jun 2012, 10:40 
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Hallo Yvette

In den wenigsten Fällen ist "sich schämen" wirklich angebracht! :tröst: (auch wenn sich mir der tiefere Sinn deiner Worte nicht so ganz erschliesst :confused: )
:wink:
Timpe

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Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, das uns verbraucht oder zerstört, sondern als etwas, das uns vollendet. (Antoine de Saint-Exupéry)


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 7. Jun 2012, 11:36 
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Liebe Timpe,

jetzt steh ich gerade auf dem Schlauch: Was erschließt sich Dir denn nicht? Der tiefere Sinn meiner Worte ... hm, meinst Du vielleicht, was der Sinn dieses Thread für mich ist? Warum ich das hier ohne konkreten Grund thematisiert hatte? Was ich damit erreichen wollte?

LG Yve


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 7. Jun 2012, 17:07 
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Hallo Yvette

Zitat:
Was erschließt sich Dir denn nicht?


Warum du den Thread "hochschieben" musstest. Ich habe mich gefragt, was der Grund dafür war. Ob was passiert ist, dass dich plagt....
Das Thema finde ich schon wichtig.
:wink:
TimpeTe

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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 7. Jun 2012, 18:23 
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Oh, das ist leicht zu beantworten.

In einem anderen Thread kam zum Zeitpunkt des Hochschiebens eben dieses Thema "Scham" auf. Leider weiß ich nicht mehr, von wem der Vorschlag ausging, vielleicht einen Thread dazu zu eröffnen ... Ich wies dann drauf hin, dass es schon existiert, und um das Suchen zu ersparen: "Schiiieeeeb".

Nur kam dann nix mehr. So war das. :)

Yve :wink:


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 14. Jun 2012, 07:28 
Hallo zusammen,

mit dem Gefühl der Scham hab ich mich im Rahmen meiner Tanztherapie mal intensiver auseinandergesetzt. Bei mir kommt Scham nämlich oft hoch, wenn ich mich öffentlich zeige, z.B. damals in Form einer Performance. Egal, ob das nun gelungen ist oder nicht, auch heute noch, wenn ich z.B. erfolgreich für etwas eingetreten bin, weil ich meine Meinung kundgetan hab, mich für was eingesetzt habe, gut argumentiert habe - danach kommt dann oft ein Gefühl der Scham hoch.

Inzwischen lasse ich es einfach dasein. Denn ich habe gelernt, dass die Scham eine Grenzwächterin ist. Also immer, wenn ich vertrautes Terrain verlasse, dann zeigt sie sich. Vor allem da, wo ich durch meine Sozialisierung in irgend einer Form mal be-schämt wurde. Seit ich die Scham als grundsätzlich gesundes Gefühl anerkenne und weiss, was sie mir anzeigt, seitdem können wir ganz gut miteinander leben, die Scham und ich.

Auch Dinge wie Fremdbeschämung erkenne ich heute viel früher, also wenn jemand anderer was macht, für was ich mich dann schäme. Oder auch, wenn jemand mich beschämt.

Ein Buch, das mir da sehr weitergeholfen hat: "vom Schämen und und Beschämt werden" von Udo Baer undGabriele Frick-Baer. Die kommen aus der Körper-und Kreativtherapie und haben eine ganze Reihe kleiner Büchlein zu den Gefühlen geschrieben. Sehr ansprechend.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 14. Jun 2012, 07:32 
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Yule, das finde ich eine interessante Sicht der Dinge ... themenbereichernd sozusagen. Werde mir diese noch durch den Kopf gehen lassen. Das Buch kenne ich bisher nicht.

LG Yve :wink:


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 14. Jun 2012, 07:38 
Yvette, für mich war das neu, dass die Scham ein natürliches Gefühl ist, das ,wie z.B. die Angst, seine Berechtigung und seinen Nutzen hat. Das kam davon, weil in unserer Kultur viel mit Beschämung gearbeitet wurde, und immer noch wird.

Schlimm finde ich in dem Zusammenhang das arbeiten mit Schuld, unser christliches Erbe in unseren Breiten. Das ist noch entsetzlich weit verbreitet. Ich hab sogar den Eindruck, je mehr wieder soziale und emotionale Kompetenzen einbrechen, um so mehr ist die Schuldverteilung wieder auf dem Vormarsch zu Lasten der Eigenverantwortung. :(

Aber das wäre wieder ein Thema für sich. Jedoch sind Schuldzuweisungen ein erfolgreiches Mittel, um jemanden zu beschämen. Nur finde ich, die Scham hat da doch völlig recht: auch wenn wir Mist gebaut haben, das gibt niemandem das Recht mit ausgestrecktem Finger auf uns zu zeigen und uns mit Hilfe von Schuldverurteilungen runterzumachen. Das ist eine Grenzverletzung, also tritt die Grenzwächterin Scham auf.

Andere Perspektive: wenn ich die Grenze eines Anderen überschreite, und ihn runtermache, oder z.B. ohrfeige u.ä. Wenn ich mich danach dafür schäme, dann sagt die Grenzwächterin Scham ja auch völlig zu recht: "Hallo? war wohl nüscht, wa?"


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 14. Jun 2012, 08:36 
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Meine liebe Neblina,

Dir möchte ich doch gleich etwas schreiben: Es ist so jammerschade, wenn die Scham mit voller Wucht Menschen wie Dich trifft und derartige Auswirkungen hat.

Ich habe meine obigen Texte nicht mehr in Erinnerung, muss noch mal nachlesen - aber Du spricht hier einen überaus wichtigen Punkt an, nämlich den, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden und daraufhin diese ätzende Scham zu erleben ... wie prägend dies doch für das Leben ist ...

Ich hasse es wohl deshalb heute noch so sehr, wenn sich jemand über mich lustig macht, selbst wenn dies gar nicht böse gemeint ist. (Eine der seltenen Auseinandersetzungen mit meinem Mann bezog sich darauf; er hat mich dann zum Glück verstehen können und nimmt Rücksicht auf meine Empfindlichkeit. Nun ja, täte er das nicht, wäre er nicht der "liebste Ehemann der Welt" für mich. <3 )

Nein, nein - lass Dir bitte NICHTS mehr verderben durch diese verderblichen ALTEN Gefühle; sie dürfen keine solche Relevanz mehr besitzen! :knuddel:

LG Yve


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 14. Jun 2012, 08:46 
Zitat:
Ich hoffe, dass ich nicht aus Scham noch mit all dem aufhöre, was mir momentan so viel Freude macht, denn es geht auch wieder um etwas preisgeben von sich


Hallo Neblina,

das klingt auch danach, als käme dies bei dir viel von früher Fremdbeschämung. Es kann helfen, wenn du die Scham als "Wasserstandsanzeiger" annimmst, sie eher als Freundin siehst, und dir in dem Moment klar machst, dass diese Beschämung, die du empfindest, in eine andere Zeit gehört - in die, in welcher du beschämt wurdest.

Dabei können Rituale helfen, du kannst z.B. dir und der Scham den Tisch mit 2 Kaffeetassen decken, und ihr unterhaltet euch mal über damals. Oder was mir immer wieder hilft, wenn ich von Gefühlen, die in eine andere Zeit gehörten überfraut werde: meine Bärenwärmflasche, die in dem Fall dann für mein inneres Kind steht, wird dann durchgeknuddelt :D . Das erinnert mich dann daran, dass meine Empfindungen nicht der jetzigen Realität entsprechen, in der ich lebe, sondern in eine vergangene Zeit gehören. Das hilft mir oft. Aber die Zeit muss ich mir dann nehmen.

Ich kann nur die neutrale Auseinandersetzung mit der Scham als natürliches Gefühl empfehlen. Es gibt vielleicht auch andere Bücher, aber mir hat das oben erwähnte sehr geholfen. Aus der selben Reihe habe ich auch das "ABC der Gefühle". Da stellen sich die Gefühle sozusagen in der "Ich"-Form vor. Also auch leichte, aber trotzdem tiefsinnige Lektüre, die auch gut die komplexen Zusammenhänge in unserer Gefühlswelt verständlich macht. Die Scham ist da mit aufgeführt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 14. Jun 2012, 09:05 
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liebe neblina,

auch für mich ist scham lange, lange jahrzehnte das absolut beherrschende gefühl gewesen. der ursprung ist wohl ähnlich wie bei dir: ausgelacht werden, dazu angehalten, die eigene beschämung und demütigung mit wegzulachen. in manch psychotischen momenten in meiner therapie habe ich dann fast erwartungsgemäß mein thera-bambi hinter mir über mich lachen hören. darüber habe ich dann irgendwann angefangen zu reden. das war mit das schwerste überhaupt. zentimeter um zentimeter hab ich der scham wieder mehr boden abgerungen und dinge laut ausgesprochen, für die mich meine innere hundemeute "eigentlich" zerfleischt. ich will es nicht beschönigen. das hat manchmal unendlich weh getan. ich hab mir dafür unendlich weh getan, weil ich tief eingelassene innere gesetze gebrochen habe. aber es wird leichter mit der zeit. und mittlerweile habe ich viel mehr boden unter den füßen, ich hab mir ein großes territorium von der scham zurückerobert auf dem ich sicher bin. und, ganz wichtig, ich hab so unendlich viel mehr bewegungsfreiheit. ich kann über ganz viele gefühle reden. wär früher gra nicht gegangen. und ich spür so deutlich, dass ich dafür so viel von anderen zurückbekomme. weil sie meine lebendigkeit spüren. scham schnürt ein. scham unterwirft jede äußerung einem kontrollfilter. scham tötet innerlich ab. scham zwingt einen, immer wieder auf schönes zu verzichten. sicher, scham hat ihre guten historischen gründe. und die gilt es anzuerkennen. aber langfristig geht der weg für mich durch die scham hindurch, mit dem ziel, viel von ihr hinter mir zu lassen, um endlich zu LEBEN.

neblina, ich wünsche dir heute eine therastunde, in der du ein bisschen durch die scham hindurchwandern kannst. sehr wünsche ich dir das. blähe die nüstern. rede von den gefühlen in dir. auch von denen, die du "eigentlich" wegrationalisieren kannst. lass sie zu.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 14. Jun 2012, 09:14 
Zitat:
aber langfristig geht der weg für mich durch die scham hindurch, mit dem ziel, viel von ihr hinter mir zu lassen, um endlich zu LEBEN.



hallo neko,

dieses Gefühl, durch die Scham hindurch zu gehen, könnte auch bedeuten, dass du selbst deine Grenzen erweitert hast und die Scham wieder zu ihrer natürlichen Funktion zurück finden konnte.

Es ist wie mit der Angst: in ihrer natürlichen Form ist sie nicht lebensfeindliches, sondern hat eine Schutzfunktion. Erst wenn wir durch Verletzungen und andere störungsauslösende Faktoren in eine Schieflage kommen, dann bekommt sie die bekannten Störungsformen. Die Scham selbst ist nicht unser Feind, sondern die Ursachen, allermeist soziale Faktoren, die uns in diese Schieflage bringen. Scham, Angst und alle anderen Gefühle sind die Anzeigen dessen, wo wir uns befinden. Werden sie nicht gehört, können sie über psychosomatische Störungen noch lauter werden. Ich glaube, diese Wechselwirkungen sind uns allen bekannt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Schamgefühle
BeitragVerfasst: Do 14. Jun 2012, 09:29 
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oh ja, yule, mit allerlei somatisierungen hab ich auch ausführlich erfahrung. ich glaub auch, dass wir letztlich das selbe meinen.mit einer kleinen differenz vielleicht: aus meiner erfahrung ist das alles ein ganz ein anstrengender weg, der müde macht, der schmerzen macht, der manchmal unendlich beschwerlich ist und manchmal hab ich auch gedacht, jetzt geht kein schritt mehr. ich will damit nicht sagen, dass es sich nicht lohnt. überhaupt nicht. die lebensfreude, die bewegungsfreiheit, das zu meinen gefühlen stehen können, so ein gefühl von tiefer lebendigkeit - all das,ist das locker wert. ich glaube aber, es ist wichtig, auch anzuerkennen, wie schwer das ist, was man da macht. wenn man sich das zu einfach vorstellt, haut es einen vieleicht aus den puschen und man gibt frühzeitig auf. in mich wurde die scham in früher kindheit schon tief hineingepflanzt. das geht ja gar nicht, das man so was im spaziergang los wird. vielleicht ist das so wie chemotherapie gegen krebs. ich zumindest hab dabei viel gekotzt. noch mal: das war es auf jeden fall wert.


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