So 15. Jul 2012, 22:35
Hallo Yve, danke für Deine Antwort.
Yvette hat geschrieben: Versuche möglichst einen Kompromiss zu finden zwischen dem, was Du als Rückzugsbedürfnis erkennst, und dem, was Du als Not-wendig an Außenkontakten ansiehst.
Das Problem ist wohl, daß ich keinerlei Not-wendigkeit in Außenkontakten sehe.
Ich habe ja durchaus Kontakte, durch die Arbeit, die direkten Nachbarn, die ich treffe; und deren Unterhaltungen mir eigentlich schon oft zu viel sind; und auch durch die Mädchen.
Aber mir kommt es irgendwie so vor, als ob ich in einer ganz anderen Welt leben würde.
Ich habe keinen Spaß an Veranstaltungen und Partys, ich interessiere mich wenig für den alltäglichen Tratsch, weil ich ihn eh nicht mitbekomme.
Die Leichtigkeit mit der ich die Kontakte während der Reha hatte, sind hier nicht da.
Jeder fragt, wie es mir geht, jeder erwartet, daß ich mich wie alle anderen verhalte, daß ich fröhlich und gut gelaunt mitten im Geschehen bin.
Aber das kann ich nicht, unter Fremden, daß habe ich gerade vorgestern Abend, als A. wieder Abschlußball vom Tanzen hatte, gemerkt, ich mag nicht so dicht mit Fremden beienander sitzen, bei vielen Themen und Situationen wird mir meine eigene Situation bewußt, mit der ich im eigentlichen eben nicht zufrieden bin, viele Gespräche beinhalten auch meinen Mann, was ich immer noch nicht gut kann. Oder ich muß etwas erklären, was ich nicht will.
Die Anregungen aus der Reha kann ich nicht umsetzen, weil schon wieder im alten Trott, Arbeiten, Haus und Organisation drin bin, und darüber schon wieder alles vergessen habe.
Die Disziplin, scheint mir schon wieder abhanden.
Mir ist vor ein paar Tagen eingefallen, daß ich eigentlich wegen einer Studie "Hausaufgaben" mitbekommen habe, die allerdings ganz in Vergessenheit geraten sind, eben gerade zu dem Thema, was ich zuhause von den Anregungen umsetzen kann. Das Wochentagebuch, daß ich führen sollte, liegt noch unausgepackt in einer Tasche
Zwar war ich in den letzten Tagen, was das innere unseres Hauses angeht, hoch motiviert, wenn ich allerdings z. B. in meinen Garten sehe, der schon wieder gemacht werden müßte, dann sträubt es sich in mir, weil ich dann Gefahr laufe, in Gespräche mit den Nachbarn verwickelt zu werden.
Auch der Kontakt zu meinen Freunden und Bekannten scheint mir schon wieder zu anstrengend.
Ich freue mich zum Beispiel einerseits über das, was sich bei uns an positiven ergeben hat, aber ich scheue mich davor, darüber zu reden.
Auch über meine Erfahrungen während der Reha, und wie es mir nun geht, mag ich mich eigentlich nicht unterhalten.
Einerseits scheine ich immer noch ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn es mir gut geht, und andererseits empfinde ich auch einen Erwartungsdruck, daß es mir ja nun wesentlich besser gehen müßte.
Mein Thera in der Reha hat zu mir gesagt, daß es lange genug her wäre, um mich nicht mehr von meinem schlechten Gewissen, und evtl Projektionen leiten zu lassen, daß es mir nicht gut gehen dürfte, daß mein Umfeld sogar von mir eher erwarten würde, daß ich nun so langsam mal wieder "normal" sein müßte.
Das löst bei mir jetzt wieder einen Zwiespalt aus, einerseits sehe ich mich als Nutznießer und andererseits soll ich mein Leben "genießen".
Und außerdem geht es ja nicht nur um daß eine, was mir den Umgang mit anderen schwer macht, da ist noch so vieles anderes, was ich aber nicht erklären kann, und will.
Und dieses nicht wollen und nicht können steht mir auch dabei im Weg meinen Thera anzurufen.
Ich bewundere so manch einen, der offen sagen kann, was in ihm vorgeht, der solche Gespräche über sein Inneres führen kann, ich kann es nicht.
Ich bewundere manch einen, der zumindest erkennt, was in ihm vorgeht, der es sehen kann, der es zum Ausdruck bringen kann, ich kann es nicht.
Ich will es nicht.
Ich müßte wütend sein, schon wegen der einen Sache, die über die immer wieder geredet wird, die die offen liegt, für alle.
Ich müßte wütend sein, schon wegen der Mädchen.
Ich soll reden, ich soll mich meinen Empfindungen stellen, soll sie zulassen. Ich weiß garnicht, welche Empfindungen das sind, sein könnten.
Wenn es die sind, die ich hatte, die immer wieder kurz aufflackern, dann will ich sie aber nicht.
Mir reicht es im Moment einfach da zu sein, einfach am Leben zu sein, einfach für die Mädchen da zu sein. Alles andere ist mit Anstrengung verbunden.
Mit zu großer Anstrengung.
Während der Reha schien es so einfach, da war ich einfach mitten im Geschehen - aber das Geschehen war anders.