Mo 16. Apr 2012, 08:54
Bilder... Was unsere Augen sehen, fasziniert mich noch genau so wie in meinen Kinderjahren. Ich sehe täglich digital hunderte Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle. Und hoffe auf eine Entdeckung. Eine fliegende Krähe fängt immer was und so habe ich mich immer durchjemogelt. Das Tolle daran ist dass die schönsten Sachen nicht immer teuer oder wertvoll sind. Wie zum Beispiel dieser Fund. Das Stehaufmädchen begeisterte sich im chat für meinen avatar den ich daraus machte. Ich bin, wie sie, ein Bäumenarr. Im 19. Jahrhundert fühle ich mich deshalb sehr zuhause. Was da nicht alles an Ästen und Blättern zusammengemalt wurde... da sieht man vor lauter Bäumen usw. Was genau ein Baum für uns bedeutet, das ist schon so ne Sache. Er vermittelt etwas, repräsentiert etwas. Wir sind - so lehrt der Gompismus - alle Kinder der Romantik und können ein Großteil unserer Gefühle darauf zurückverfolgen.
Hier nun der Anlass, eine Zeichnung in England ersteigert und unterwegs zu mir (und dann zum Papierrestaurator der das Braun rausholt) Es sitzt ein Männlein, wohl beschaulich und rechtschaffen, unter einem Baum und meditiert sich seine Nichtigkeit. Der Baum ist mit holländischer Handschrift gezeichnet, das konnten aber auch Engländer. Ich vermute, wenn das Blatt einmal hier ist, ein holländisches Wasserzeichen im Papier anzutreffen. Solche Hüte wurden hier so um 1830 getragen, ähnliche in England aber auch und länger.
Der Baum bedeutet was. Dem Stehaufmädchen, mir, aber wohl auch dem Zeichner und mit Sicherheit seinem Publikum. Es wird immer klarer dass unsere Vorfahren in allem Sichtbaren Bedeutung gesucht haben. Bis in den kleinsten Einzelheiten sind Gemälde des 17. Jahrhundert zu erklären anhand der damals gängigen gestuften Symbolik, die erst vor einigen Jahrzehnten voll entdeckt wurde.
Der Baum bedeutet natürlich Kraft. Unter dem Kupferstich von einem solchen meistens noch etwas schieferen Baum stand in manchen Schulbüchern ’Non est arbor fortis, nisi in quam ventus frequens incursat’ (Kein Baum ist stark, wenn nicht der Wind oft darauf stößt). Und, so denke ich, da wir nun mal aus dieser Kultur stammen, tragen wir in unseren Seelen das Kulturgut unserer Vorfahren und empfinden wir wie sie...